Süddeutsche Zeitung

Singapur:Leben und lieben

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Im südostasiatischen Stadtstaat wird ein Gesetz überarbeitet, das Liebe zwischen Männern bislang unter Strafe gestellt hat. Es wurde höchste Zeit für dieses Symbol.

Kommentar von David Pfeifer

Singapur wirkt futuristisch, funkelnde Wolkenkratzer wachsen in den Himmel, die Wirtschaft boomt, es gilt als sicher und stabil. Aufgrund seines modernen und internationalen Images wundert man sich also erst einmal, dass Premierminister Lee Hsien Loong nun verkündet hat, Sex zwischen Männern zu entkriminalisieren. Nach dem Gesetz können sogenannte Straftäter bislang mit bis zu zwei Jahren Haft bestraft werden. Allerdings wird Paragraf 377a nicht aktiv durchgesetzt und gilt auch nicht für Sex zwischen Frauen oder anderen Geschlechtern. Er stammt aus der Kolonialzeit, der moderne Alltag im Singapur bildet bereits eine weitaus diversere Gesellschaft ab.

Trotzdem ist es eine wichtige Entscheidung, denn es gibt noch genügend andere Länder, die gleichgeschlechtliche Liebe wie eine gefährliche Seuche behandeln. Da muss man nicht erst mit der möglichen Todesstrafe für Schwule in Katar anfangen, wo sich Ende dieses Jahres trotzdem feiernde Männer im Liebestaumel um den Hals fallen werden, wenn die Fußball-WM 2022 ausgespielt wird. Das geht schon in Ungarn los, wo die Aufklärung über Homosexualität seit vergangenem Jahr unter Strafe steht.

In vielen Staaten ist die gleichgeschlechtliche Ehe noch verboten

Insgesamt ist die Liste der Länder, in denen die gleichgeschlechtliche Ehe erlaubt ist, noch relativ kurz im Verhältnis zu den etwa 70 Staaten, in denen eine Strafe darauf verhängt werden kann, wenn Männer Männer lieben oder Frauen Frauen. Einerseits also seltsam, dass ein derart modernes Land wie Singapur den Paragrafen erst so spät angeht, andererseits trotzdem erfreulich. Denn natürlich haben die 80 Kirchen in dem multiethnischen Stadtstaat gleich protestiert, obwohl Lee Hsien Loong sagte, dass das klassische Familienbild weiter in der Gesellschaft verankert bleiben solle.

Die Legalisierung ist also ein Symbol, nicht nur für diejenigen, die in Singapur leben und lieben, sondern auch für die Nachbarn, zum Beispiel im mehrheitlich muslimischen Malaysia.

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