Süddeutsche Zeitung

Polen:Hetze aus Kalkül

Die gezielte Diskriminierung sexueller Minderheiten durch die Regierungspartei geht weiter - und ist zugleich eine Kampfansage an die EU.

Von Florian Hassel

Die Entscheidung des Krakauer Regionalparlaments, eine diskriminierende Erklärung gegen Schwulen, Lesben und andere sexuelle Minderheiten in Kraft zu lassen, zeigt vor allem eines: Polen ist weiter auf Konflikt mit der EU gebürstet. Die Abstimmung in Krakau kam erst zustande, nachdem die Regierungspartei PiS die Linie vorgegeben hatte: weiteres Trommeln gegen diese Minderheiten und die EU.

Zwar droht die EU mit Vertragsverletzungsverfahren und dem Einfrieren von Fördermilliarden. Bisher allerdings waren Brüsseler Drohungen eben nur dies: Drohungen, denen in bisher sechs Jahren PiS-Regierung noch nie konkrete Schritte, das heißt Milliardenstrafen oder -einbußen, gefolgt sind.

Für die PiS geht es bei dem Thema zudem darum, die eigene, oft stockkonservative Wählerschaft zu mobilisieren. Das funktioniert mit der - bisher politisch kostenfreien - Hetze gegen Schwule, Lesben und andere sexuelle Minderheiten ausgezeichnet. Umso mehr, als mit der PiS verbandelte katholische Erzbischöfe eine unrühmliche Rolle spielen und - anders als Papst Franziskus - teils nach Kräften mithetzen.

Schon liegt ein Gesetzentwurf einer fundamentalistischen Gruppe im Parlament, gleich ganz Polen praktisch zur ausschließlich heterosexuellen Zone zu erklären. Das deutet darauf, dass die Ausgrenzungskampagne noch zunehmen wird - erst recht, weil die PiS in Umfragen abstürzt und ihren Kampf gegen den angeblich durch sexuelle Toleranz und die EU drohenden moralischen Untergang Polens öffentlich umso erbitterter führt.

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