Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Persönlichkeitsrecht

Worauf sich der zurückgetretene CSU-Generalsekretär Stephan Mayer beruft.

Von Wolfgang Janisch

Das Persönlichkeitsrecht ist, wenn man genau hinschaut, im Grunde eine ganze Familie von Rechten, und eines davon ist der Schutz der Privatsphäre. Was das ist, vermögen manchmal selbst Fachleute nicht bis ins Letzte zu sagen. Der unantastbare "Bezirk" einer Person, so lautet ein Definitionsversuch, erweise sich "nicht als fester Kern, sondern als Gummiball, der sich bei hinreichendem gesellschaftlichen Außendruck einbeulen lässt, bis die Luft heraus ist". Das klingt kulturpessimistisch, aber zutreffend ist schon, dass der "Außendruck" sehr groß werden kann. Zum Beispiel, wenn ein Politiker wie der soeben zurückgetretene CSU-Generalsekretär Stephan Mayer einen Sohn verleugnet haben soll. Doch der Außendruck allein rechtfertigt noch nicht, jede private Information in die Öffentlichkeit zu ziehen. Zwar gehören Politiker zu den Menschen, an die höchste Transparenzforderungen gestellt werden, weil das öffentliche Ausleuchten des gewählten Personals zur Demokratie gehört. Trotzdem behalten sie einen Rest von Privatsphäre - wenn sie das wollen. Wer Heim und Familie in Homestorys zu Markte trägt, hat einen Teil seiner Privatsphäre auch dann verspielt, wenn es unangenehm wird. Mayer gehört nicht zu dieser Spezies, weshalb die Sache mit dem Sohn komplizierter ist. Das passende Bild dürfte aber nicht der Gummiball sein, sondern die gute alte Waage der Justitia.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5579064
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.