Süddeutsche Zeitung

Großbritannien:Der Unbeirrbare

Boris Johnson verkündet ein Regierungsprogramm nur für sich und seine Anhänger - als wäre das Land nicht tief gespalten.

Von Stefan Kornelius

Premierminister Boris Johnson pflegt eine dynamische, sich stets überschlagende Rhetorik: Großbritannien ist da in permanenter Bewegung hin zu größeren, glänzenderen und futuristischen Zielen. Das politische Jahresprogramm seiner Regierung, vorgetragen von Königin Elizabeth mit wohltuend statischem Gestus, liefert also keine Überraschung: zwei Dutzend Gesetzesvorhaben mit Schwerpunkt Sozialpolitik und Wohnungsbau. Feinheiten später.

Wichtig sind indes zwei Botschaften: Der Premier will die feste Legislaturperiode von fünf Jahren zugunsten des alten Systems abschaffen. Künftig soll der Premier wieder selbst bestimmen können, wann gewählt wird. Die Abschaffung dieser Wahlwillkür unter David Cameron war ein fortschrittlicher Akt: weniger Macht dem Premier, mehr Macht dem Parlament. Nun wird Johnson ein Werkzeug in die Hand bekommen, das seiner spielerischen Natur entgegenkommt und einen schnellen Wahlerfolg ermöglicht.

Wie schon nach den Kommunalwahlen und dem starken Wählervotum in Schottland zugunsten der Unabhängigkeitsbewegung zeigt sich: Für Versöhnung ist dieser Premier nicht zu haben. Kein Wort zum Nordirland-Problem, kein Hinweis auf eine Verfassungsreform zugunsten der föderalen Landesstruktur, kein Wort oder gar Gesetz für die europäische Trauergemeinde im Königreich. Die Regierung Johnson: Sie lässt sich durch nichts beirren.

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