Süddeutsche Zeitung

Annalena Baerbock:Ministerin statt Autorin

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Die Grünen-Chefin überarbeitet nun doch nicht ihr Buch. Zum Glück.

Kommentar von Constanze von Bullion

Das Ding wird jetzt also zum Auslaufmodell erklärt und der Kampf gegen die Fakten eingestellt. Annalena Baerbocks missglücktes Buch wird nicht mehr gedruckt. "Jetzt. Wie wir unser Land erneuern" hieß das peinliche Werk, das die Grünen-Chefin und ihre Entourage vollgestopft hatten mit Abgekupfertem, im Netz Zusammengeklaubtem und reichlich grüner Binse. Ein Plagiatssucher hatte darin jede Menge abgeschriebene Passagen entdeckt. Nach einem öffentlichen Kesseltreiben und allerlei grünen Ausflüchten versprach die damalige Kanzlerkandidatin die Überarbeitung des Buches. Nun verzichtet sie darauf. Besser wird's sein.

Denn Politikerbücher wie dieses braucht nicht nur kein Mensch. Die ganze Angelegenheit weckt auch unvorteilhafte Erinnerungen daran, wie die grüne Parteiführung einen zunächst aussichtsreichen Wahlkampf vor die Wand gefahren hat. Sie behauptete "Rufmord", als die Plagiatsvorwürfe gegen Baerbocks Buch publik wurden. Das war sachlich schlicht falsch. Dann führten die Grünen einen bekannten Medienanwalt ins Feld, um die Sache vom Tisch zu kriegen. Das war im Rückblick der nächste große Fehler. Denn zu Bruch ging damals nicht nur die Behauptung, der grüne Wahlkampf sei anders, irgendwie ehrlicher. Auch das Vertrauen in die Person der Kanzlerkandidatin nahm erheblich Schaden.

Eine neue Buch-Debatte hätte diesen Disput neu belebt, zumal die Fehler offenbar so umfangreich sind, dass ihre Behebung Baerbock über Monate hinweg beschäftigt hätte. Von einer Frau aber, die Deutschlands erste Außenministerin werden könnte oder sonst eine wichtige Ministerin im Kabinett, will das Land jetzt etwas anderes hören als Richtigstellungen zu einem Buch, das sowieso keiner liest. Man wüsste zum Beispiel gern, wie der Schweigeorden der Ampler Deutschland erneuern will oder ob das ganze Gerede von Aufbruch und Modernisierung womöglich nur der nächste Bluff war. Das Publikum jedenfalls hat jetzt genug Geduld bewiesen.

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