Süddeutsche Zeitung

Aktuelles Lexikon:Quantensprung

Nur ein kleiner Hüpfer: Selbst die Physikerin Angela Merkel kann mit der korrekten Verwendung dieser Metapher mal durcheinanderkommen.

Von Marlene Weiß

Es ist ein Kreuz mit den Elektronen im Atom; sie sind schwerer zu hüten als ein Sack Flöhe. Schuld ist die Quantenmechanik, die bewirkt, dass sie überall und nirgendwo zugleich sind. Und nicht einmal dieser seltsame Zustand ist von Dauer: Wenn nämlich ein Lichtteilchen auf das Atom fällt, kann es absorbiert werden und so ein Elektron auf ein höheres Energieniveau heben. Der Hüpfer von einem zum nächsten Niveau findet nicht ganz instantan statt, aber so gut wie, wie man erst seit wenigen Jahren halbwegs präzise messen kann: Er dauert oft nur einige Attosekunden - Trillionstel einer Sekunde.

In den Anfängen der Quantenphysik wurde dieser Vorgang Quantensprung genannt und war selbst bei seinen Erfindern unpopulär: "Wenn es doch bei dieser verdammten Quantenspringerei bleiben soll, so bedaure ich, mich mit der Quantentheorie überhaupt beschäftigt zu haben", soll Erwin Schrödinger entnervt gesagt haben. Heute wird das Wort nur noch in der Alltagssprache verwendet, und das fast immer falsch, nämlich nicht als schneller Übergang, sondern als weiter Sprung - wovon bei atomaren Distanzen eigentlich nicht die Rede sein kann. In diese Sprachfalle ist nun bei der Automesse IAA sogar die Physikerin und Bundeskanzlerin Angela Merkel getappt, die damit ausdrücken wollte, dass sich seit der letzten Messe technisch viel getan habe.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5405923
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/weis
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.