Süddeutsche Zeitung

"The Marvelous Mrs. Maisel" auf Amazon Prime:Battle-Rap im Riesenrad

Lesezeit: 2 min

Mrs. Maisel ist zurück - und in der vierten Staffel schnell, schnippisch und eloquent wie eh und je. Doch etwas fehlt.

Von Carolin Gasteiger

Irgendwann in Folge eins, sicherlich erst nach der Riesenrad-Szene, schwirrt einem der Kopf vor lauter Dialogwitz und Tempo. Als wollten die Macher der Serie ganz laut rufen: Miriam "Midge" Maisel ist zurück! In der inzwischen vierten Staffel steht die Titelheldin, die in den Fünfzigerjahren in der New Yorker Upper West Side ihrem vorgezeichneten Schicksal entkommt, eigentlich wieder da, wo sie zum Auftakt der Serie stand - vor einem Neubeginn.

Mal wieder habe ein Mann ihr Leben kaputtgemacht, stellt sie in einer Szene fest. Miriam Maisel, wir erinnern uns, wechselt von der perfekten Haus- und Ehefrau (Mutter eher nicht so sehr) ins Comedy-Fach, nachdem sie ihr Mann Joel aus Gründen, die er selbst nicht versteht, sitzenließ. Und als Stand-up-Comedienne wird Maisel so erfolgreich, dass sie in der dritten Staffel im Vorprogramm des gefeierten Sängers Shy Baldwin auftritt und ihn auf seine Europatour begleiten soll. Aber Maisel macht vor großem Publikum einen bösen Witz über Baldwin, der seine Homosexualität vor der Welt und seinem Publikum verbirgt. Er fühlt sich beleidigt und feuert sie.

Wirklich marvelous wäre, wenn Midge Maisel ihren eigenen Fehler einsieht

Und so zieht Midge Maisel in Staffel vier - inzwischen sind es die Sechzigerjahre - wieder in ihr altes Apartment und lässt unter Einsatz ihres ganzen Charmes beim Bäcker, Metzger und Apotheker anschreiben. Zufällig trifft sie ihre Familie - Ex-Mann, Eltern, Schwiegereltern, Kinder - auf dem Jahrmarkt in Coney Island und muss beichten, warum sie nicht wie behauptet in Prag ist. Und diese Beicht-Szene im Riesenrad ist The Marvelous Mrs. Maisel in Bestform: Rachel Brosnahan mimt sie gewohnt elegant, schnippisch und scharf und auch die Nebenfiguren - ganz groß wieder Tony Shalhoub als Midges nerdiger Vater Abe Weissman - sind irr wie eh und je. Wie sich alle aus den einzelnen Riesenrad-Gondeln, in denen sie sitzen, die Punchlines zurufen, ist so gut getimt wie Battle-Rap.

Auch die Ausstattung wird Fans nicht enttäuschen: Tolle Kostüme und Kulissen, Kamerafahrten, die man gern zwei Mal sehen würde, so viel ist etwa auf dem Jahrmarkt los. Auch in der vierten Staffel lassen die Showrunner Amy Sherman-Palladino, die auch schon Gilmore Girls verantwortet hatte, und ihr Ehemann Daniel das aufleben, was die Serie so einzigartig macht. Und doch fehlt etwas.

Amazon veröffentlicht die neue Staffel immer freitags in Doppelfolgen - und zumindest nach den ersten beiden schwirrt einem nicht nur vor lauter schnellen Dialogen der Kopf. Man weiß vor allem nicht, wo es mit Mrs. Maisel hingehen soll.

Wie sie sich in ihrer Maiselhaftigkeit aufrappelt und ihr Leben in Ordnung bringt, hat man so schon in der ersten Staffel gesehen. Und das, was Maisel so marvelous macht, kommt leider zu kurz: die Comedy-Karriere. Immerhin lässt sie ihre grandios grummelige Managerin Susy (Alex Borstein) wissen, sie wolle künftig auf der Bühne nur noch das sagen, was sie wirklich denkt. Und dann bleibt die Frage, wie Maisel mit ihrem eigenen Fehler umgeht, Baldwin beleidigt zu haben. Gern gibt sie ja den Männern in ihrem Leben die Schuld an ihrem Unglück, aber dieses Mal hat sie es eindeutig selbst verbockt. Und marvelous wäre es, sich das einzugestehen - und daraus zu lernen.

The Marvelous Mrs. Maisel, Amazon Prime

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