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Tatort Bremen:Der lautlose Killer schlägt zu

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"Nachtsicht" ist der erste der letzten Filme mit Sabine Postel und Oliver Mommsen als Bremer Kommissare. Ein guter Krimi, was mit den Ermittlern jedoch wenig zu tun hat.

Von Katharina Riehl

Die Kriminalgeschichten aus Bremen prägte zuletzt ein starker gesellschaftspolitischer Impetus, es ging um künstliche Intelligenz, Hackerangriffe, Umweltaktivisten und diverse mafiöse Strukturen in der Hansestadt. Die große Ausnahme war ein Film, der vor genau einem Jahr lief, die Geschichte eines Mädchens, das jahrelang verschwunden war und plötzlich wieder bei seiner Familie im Wohnzimmer steht. Eine Episode, die mehr bewegte als all die Filme zur Weltlage.

Dieser Tatort ist keine klassische Mördersuche

Dieselben Autoren wie damals, Matthias Tuchmann und Susanne Veith, haben nun auch das Buch zum aktuellen Tatort geschrieben, der wieder ganz nah rangeht an eine Familie. Zu Beginn von "Nachtsicht" (Regie, wie immer in Bremen: Florian Baxmeyer) wird ein junger Mann überfahren, aber ein Unfall ist das nicht. Der Täter fährt mehrmals über sein Opfer, und er tötet ein paar Tage später noch einmal; ein Serienkiller in einem lautlosen Auto. Am Anfang des Films entfernt er einen Zahn aus seinem Scheinwerfer; dann macht er den Wagen bereit für seine nächste Fahrt durch die Nacht.

"Nachtsicht" ist der erste der letzten Filme mit Sabine Postel und Oliver Mommsen als Bremer Kommissare, die vor einigen Tagen ihren Rückzug erklärt haben. Es ist ein wirklich guter Film, man muss aber ehrlicherweise sagen, dass dieser Umstand mit den Ermittlern wenig zu tun hat. Dieser Tatort ist keine klassische Mördersuche, einen Verdächtigen gibt es sofort, Kristian Friedland (Moritz Führmann), der viele Probleme hat, das größte ist sein Vater. Große Teile des Films spielen abseits des Kommissariats im Haus der Friedlands, wo irgendwie über alles gesprochen wird und irgendwie über nichts. Angela Roy und Rainer Bock spielen die Eltern des jungen Mannes fantastisch, man versteht so vieles, so wenig man es auch versteht.

Das Besondere an dieser düsteren Geschichte ist auch, dass sie sich zwar am Ende brav und ARD-gemäß auflöst, aber trotzdem Entscheidendes offenlässt. Dinge nicht zu erklären, kann eine große Stärke sein für einen Film. Im deutschen Gebührenfernsehen wird davon aber nur äußerst selten Gebrauch gemacht.

ARD, Sonntag, 20.15 Uhr

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Quelle:
SZ vom 11.03.2017
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