Süddeutsche Zeitung

RTL-Show:"Adam sucht Eva" - nicht trashig, sondern widerwärtig

Lesezeit: 3 min

Nach der ersten Folge mit Nackten, Klaviermusik und Brandung hat unsere Autorin nur eine Bitte an die Macher der RTL-Show: Hört auf mit den rassistischen Kommentaren!

TV-Kritik von Juliane Liebert

Am ersten Tag schuf Gott das Licht und trennte es von der Finsternis und nannte sie Tag und Nacht. Am sechsten Tag schuf Gott den Menschen und nannte sie Adam und Eva. Doch Adam und Eva und ihre Nachfahren waren unglücklich und gelangweilt. Gott überdachte das Ganze ein paar tausend Jahre. Am siebenmillionstendreitausendfünfhundertvierten Tag gab er sich einen Ruck, schuf das Privatfernsehen und nannte es RTL. Im Jahre 2014 des Herren erfand wiederum RTL eine Nackt-Dating-Show und nannte sie Adam sucht Eva. Deren dritte Staffel ist gestern Abend angelaufen.

Konzept: Menschen lernen sich nackt kennen, werden von Insel zu Insel verschifft und entscheiden dann angezogen, ob sie sich auch in Klamotten gut finden. Teilnehmende: Promis und als "Normalos" titulierte Nicht-Promis. Es wäre einfach, sich über ihr Aussehen lustig zu machen, aber, was man bei dieser Art Fernsehen ja gern vergisst, ist, dass da unter den inszenierten Hüllen echte Menschen ihre Körper und Seelen der allgemeinen Meinung zum Fraß vorwerfen. Und dass diese Menschen, ungeachtet ihrer Motivation, denselben Respekt verdienen wie der Rest der Welt.

Adam sucht: glatte Haare

Also, zum Thema: Ein Samstagabend nackertes Trash-TV. Ist es voyeuristisch, sich das anzuschauen? Selbst wenn, sollten wir nicht langsam an dem Punkt sein, an dem es egal ist, ob Menschen angezogen oder ausgezogen, in Burka oder Hotpants herumlaufen? Schauen wir mal.

Es ist 22:30 Uhr, der erste Adam und die erste Eva schippern auf die Insel. Max, 29, fände es schön, wenn seine Eva "lange glatte Haare hätte", dann wäre er bereit, über "kleine Brüste oder einen kleinen Hintern" hinwegzusehen. Danke, Max, wie nett von dir.

Marlena, die erste Eva, wünscht sich von ihrem Adam vor allem zwei Eigenschaften, und zwar "schöne Zähne", und "kein Weichei". Beide haben fest vor, sich trotz Nacktheit bei ihrer ersten Begegnung zuerst ins Gesicht zu schauen. (Und beschwören damit kurz die Vision einer alternativen Welt herauf, in der sich alle permanent gegenseitig in den Schritt starren.) Sie erreichen den Strand. Klaviermusik, Brandung, Max und Marlena schreiten auf einander zu.

Kein neuer Trend bei Intimfrisuren

Sarah Joelle Jahnel, der dritte Gast, ist auf dem Weg zum Geschehen. Sie habe zuletzt eher so Skandale gehabt. Aber was soll's, dafür hat sie eine Lösung: eine neue Frisur.

Die ersten beiden Evas sind da, es zeichnet sich ab - der Trend in Sachen Intimrasur ist immer noch: alles weg, in diesem Fall auch bei den Männern. (Der Zuschauer schaut nicht erst ins Gesicht, sonst könnte er ja auch ZDF gucken.) Max und Marlena sitzen gemütlich unter Palmen, Marlena hantiert an ihren Brüsten. "Drückst du deine Nippel ein?" fragt Max, "Ja, dann sehen die schön aus," antwortet Marlena, und setzt, etwas resigniert hinzu "Für eine Weile." Mehr Adams und Evas gesellen sich hinzu, alle versuchen bei der ersten Umarmung, ihre Geschlechtsteile voneinander fernzuhalten und begutachten sich.

An dieser Stelle eine freundliche Bitte, RTL - erspart euch und uns in Zukunft rassistische Kommentare. Sätze wie "Normalerweise haben ja so dunkelhäutige Frauen 'ne zu dicke Kiste" sind nicht trashig, sondern widerwärtig. Wer so etwas 2016 noch sagt (oder ausstrahlt), der sollte Fernsehverbot bekommen.

Schlechte Tischmanieren und ein Gedicht

Während sich die schon anwesenden Männer und Frauen also ordentlich abschätzig übereinander äußern, kommt Jesse dazu gepaddelt. Jesse ist Stripper und hat zwei Namen für seinen Penis. Werbung, Nachrichten. In den Nachrichten wird Aleppo gezeigt, wo die letzten Krankenhäuser zerstört und Kinder mit geringen Überlebenschancen dem Tod überlassen werden.

Dann geht es weiter mit Adam und Eva mit der Auflösung: Die beiden Namen für Jesses Penis sind "Sex Machine" und "Free Willy". Eines der inzwischen drei blonden, rasierten Mädchen, Iwona, ist derweil mit zwei Typen auf die nächste Insel weitergeschifft worden. Sie dinieren gemeinsam, aber ihr gefällt das Benehmen der Herren der Schöpfung nicht. Max versucht, durch Gedichte die Stimmung zu retten. Als Strafe dafür muss er sich wieder anziehen und kriegt einen Korb. Max, mach dir nichts draus, das Gedicht war schön! Der Rest der Mannschaft bleibt vorerst in der Südsee.

Was lernen wir bisher? Der Mensch will sich fortpflanzen, gut essen und am liebsten ungestört aufs Klo. Sowie: Gedichte sind kein Ausgleich für fehlende Tischmanieren.

Und weiter? Weiter geht es heute Abend.

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