Süddeutsche Zeitung

Nachlese zum Erfurter "Tatort":Gandalf im ARD-Krimi

Lesezeit: 2 min

Sie wollen mitreden über den Erfurter "Tatort"? Hier erfahren Sie, wann die Luft in "Der Maulwurf" knistert und welche zwei Schauspieler den Fall unter sich ausmachen. Die "Tatort"-Nachlese - mit den besten Zuschauerkommentaren.

Von Carolin Gasteiger

Darum geht's:

Auf der Beerdigung seines Vaters nutzt ein inhaftierter Rotlichtkönig den Moment zur Flucht. Als wäre das nicht schon genug, wird Revierleiterin Petra Fritzenberger entführt. Je intensiver das Erfurter Team ermittelt, desto mehr riskieren die drei Tatort-Jungspunde das Leben ihrer Chefin. Manchmal sitzt der Teufel aber auch in den eigenen Reihen - und tarnt sich ganz geschickt.

Hier lesen Sie die Rezension von SZ-Kritiker Holger Gertz:

Bezeichnender Dialog:

Johanna Grewel besucht Kriminaldirektor Volker Römhild zu Hause. Im Wohnzimmer sprechen die beiden über die Ermittlungen vor elf Jahren, als Timo Lemke festgenommen und Petra Fritzenbergers ehemaliger Kollege Ingo Konzack suspendiert wurde.

Römhild: Ich hätte niemals gedacht, dass Konzack so weit geht. Fritze war seine Partnerin im Dezernat. Sie haben sich gegenseitig blind vertraut. Fritze war nach der Sache damals schockiert. Ich auch. (...)

Grewel: Halten Sie es für möglich, dass Konzack unschuldig war?

Römhild: Unschuldig? Ausgeschlossen.

Grewel: Gab es damals noch weitere Verdächtige?

Römhild: (...) Wir haben die Sache nicht leicht genommen. Und im Grunde beweisen doch im Grunde der Angriff Lemkes auf mich und Konzacks Entführung von Fritze, dass sie damals wie heute auf derselben Seite stehen. Sehen Sie das nicht so?

Grewel schweigt.

Römhild: Ich gebe Ihnen einen guten Rat: Verzetteln Sie sich nicht. Es geht um das Leben von Fritze.

Grewel: Genau darum geht es mir auch.

Die beste Szene:

Oft steht und fällt ein Tatort mit seiner ersten Szene. In diesem Fall ist die sehr gelungen. Auf der schon erwähnten Beerdigung trifft Barbesitzerin Nadine Schuricke auf Timo Lemke, mit Fußfessel und flankiert von zwei Beamten. Dazwischen knistert aber die Luft; Getuschel unter den Trauergästen, tiefe Blicke, ein Schritt zu weit - jeden Moment könnte es passieren. Ein packender Auftakt, auch dank Franziska Petri, sie sich lasziv am offenen Grab bewegt.

Die besten Zuschauerkommentare:

Top:

Bye-bye Praktikanten-Status: Alina Levshin alias Johanna Grewel ist zum Glück nicht vorschnell aus dem Tatort ausgestiegen, sondern wurde zur Kommissarin befördert. Gute Entscheidung, ARD! Mit ihrem Schnüfflerinstinkt, der sie auch mal die legalen Grenzen der Polizeiarbeit überschreiten lässt, stiehlt Alina Levshin ihren beiden Partnern die Show.

Flop:

Regisseur Johannes Grieser wollte das Trio "einer hochemotionalen und außergewöhnlichen Lage aussetzen", in der die Kommissare auf sich allein gestellt seien, heißt es in der Vorankündigung des Krimis. Also ermittelt jeder für sich? Irgendwie gehen Friedrich Mücke und Benjamin Kramme alias Henry Funck und Maik Schaffert neben ihrer Kollegin unter. Schade.

Bester Auftritt:

Christian Redl, der Kriminaldirektor Römhild mimt. Als erfahrener, altersweiser Ermittler führt er bedächtig und fürsorglich eine junge Horde an. Quasi eine Art Gandalf im ARD-Krimi. Aber auch der kann dunkle Seiten haben und sich sogar zum Saruman wandeln. Im Grunde machen Levshin und Redl den Tatort unter sich aus.

Die Erkenntnis:

Mit dem Erfurter Tatort geht es aufwärts. Denn das Team funktioniert trotz der unterschiedlich ausgeprägten Figuren, und aus der aufgesetzten Jugendsprache in ihrem ersten Fall sind die jüngsten Kommissare der Tatort-Geschichte zum Glück auch herausgewachsen. Bei den beiden Ermittlern Funck und Schaffert ist auf jeden Fall noch Luft nach oben. Die sollten die Drehbuchschreiber nutzen.

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