Süddeutsche Zeitung

Kölner Tatort "Trautes Heim":Zerschlagenes Déjà-vu

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In Köln geht es um Zeitmanagement und eine Entführung. Das leidgeprüfte Publikum muss sich durch Ballauf'sche Monologe quälen. Und mit Alma Leiberg tritt eine alte Bekannte auf, deren Gesicht nach dem letzten Münchner "Tatort" wieder verheilt ist.

Von Holger Gertz

In dieser Episode ist ein kleiner Junge entführt worden, und bei der Suche nach dem Täter betreten die Kölner Kommissare gemeinsam mit ihrem leidgeprüften Publikum einen Gefühlskäfig, in dem der Vater des Jungen eingesperrt ist. Der Mann (untergründig gehetzt: Barnaby Metschurat) führt ein Doppelleben, das er jahrelang sehr aufwendig organisiert hat. Und der Moment, in dem alles auffliegt, jagt einem dann doch einen leichten Schauer des Grusels über die Haut. Gibt ja wenig Ergreifenderes, als jemandem dabei zuzusehen, wie er gerade in einem Loch verschwindet.

Es geht um das Modewort Zeitmanagement und darum, wie der gewiefteste aller Zeitmanager aus der Bahn gerät. Aktuelles Thema, aber leider durchaus langatmig erzählt. Man kann Freddy Schenk dabei zusehen, wie er gemütlich eine Straße entlanggeht. Man kann Max Ballauf dabei zuhören, wie er in aller Gründlichkeit den Ermittlungsstand zusammenfasst.

Und man muss nicht mal vom Erzähltempo amerikanischer Serien verdorben sein, um Ballaufsche Monologe wie diese hier ermüdend zu finden: "Der Wiegand wird Zeuge von 'ner Entführung. Er verfolgt den Täter. Der Täter hätte doch einfach wieder an dem Wiegand vorbeifahren können, rückwärts aus der Straße raus. Aber nein, er überfährt ihn. Muss sich sicher sein, dass der Wiegand nicht gegen ihn aussagt. Und warum?" Oder, dieser hier, unterbrochen nur von einem Wieso? des Kollegen Schenk: "Wenn der Wagen sowieso geklaut ist und der Täter das hier vorhatte, den Wagen abzufackeln - dann ist es ja noch viel irrer, dass er den Wiegand umgebracht hat. Weil es dem Täter scheißegal sein konnte, ob der Wiegand sich die Nummernschilder merkt oder nicht. Und trotzdem überfährt er ihn und bringt ihn um."

In diesem Tatort sprechen zwei Kommissare, die sehr lange schon im Dienst sind. Wie die Routiniers aus München, bei denen allerdings dürfen oft auch - modernes Fernsehen! - die Bilder sprechen. In dem Zusammenhang ein kurzes Déjà-vu: Bei den Kölnern öffnet Alma Leiberg, als junge Mutter, mit verhangenem Blick die Haustür. Hat sie vor ein paar Wochen bei den Münchnern genauso verhangen gemacht, allerdings war ihr Gesicht da noch spektakulär zerschlagen. Inzwischen ist alles verheilt.

ARD, Sonntag, 20.15 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 20.04.2013
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