Süddeutsche Zeitung

Rechtsstreit um Schmähgedicht:Böhmermann scheitert mit Unterlassungsklage gegen Merkel

Der Satiriker Jan Böhmermann ist mit seiner Unterlassungsklage gegen Kanzlerin Angela Merkel unterlegen. Damit scheiterte Böhmermanns Forderung, Merkel gerichtlich zu verbieten, sein "Schmähgedicht" gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan als "bewusst verletzend" zu kritisieren. Die Kanzlerin hatte diese Aussage 2016 gemacht. Allerdings hat sie sie kurz darauf bereits selbst als Fehler bezeichnet und das Kanzleramt hatte angekündigt, die Aussage nicht zu wiederholen.

Das Gericht argumentierte nun, die Klage sei nur zulässig, wenn eine Wiederholung drohe. Dies sei offensichtlich aber mit der vorherigen Ankündigung des Kanzleramts nicht mehr gegeben. Das Gericht befand außerdem, dass Merkels Aussage auch nicht rechtswidrig gewesen sei. Sie stelle keine strafrechtliche Vorverurteilung dar, sondern sei ein vertretbares und allein auf den Text des Gedichts bezogenes Werturteil.

Böhmermann hatte sein Gedicht Ende März 2016 in der ZDF-Sendung "Neo Magazin Royale" vorgetragen und damit einen diplomatischen Eklat im Verhältnis zur Türkei ausgelöst. Die türkische Regierung hatte rechtliche Schritte verlangt. Die Bundesregierung ließ daraufhin ein Strafverfahren wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhauptes nach Paragraf 103 Strafgesetzbuch zu, das aber später eingestellt wurde. Der entsprechende Paragraf wurde am 1. Januar 2018 abgeschafft.

Erdoğan ging außerdem zivilrechtlich gegen Böhmermann vor und hatte damit teilweise Erfolg. Das Hamburger Landgericht verbot Böhmermann, einige Passagen mit sexuellem Bezug und sonstigen Schmähungen weiter zu verbreiten. Das Oberlandesgericht bestätigte das Urteil später. Harmlosere Auszüge dürfe Böhmermann dagegen wiederholen. Der türkische Staatspräsident müsse diese Textpassagen aufgrund seiner Stellung und angesichts der Politik hinsichtlich seiner Kritiker hinnehmen, befand das Gericht.

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