Süddeutsche Zeitung

Bezahlfernsehen:Krieg zweier Mediengiganten

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In einem ungewöhnlich harten Schlagabtausch auf offener Bühne gehen die Fernsehkonzerne Discovery und Sky aufeinander los. Für beide geht es um viel - für den Zuschauer vor allem um Fußball.

Von Caspar Busse

Die Medienbranche ist dafür bekannt, dass oft mit recht harten Bandagen verhandelt wird. Beide Seiten arbeiten hinter den Kulissen mit vielen Tricks, um das beste Ergebnis für sich herauszuholen. Und trotzdem: Der Schlagabtausch, den sich die beiden Fernsehunternehmen Discovery und Sky seit einigen Tagen liefern, ist beispiellos, denn er wird in aller Öffentlichkeit ausgetragen. Es geht darum, ob die Discovery-Sender, darunter vor allem der Sportkanal Eurosport, auch künftig über die Bezahlplattform Sky zu empfangen sind. Die Zeit drängt jedenfalls, in der Nacht zu diesem Mittwoch laufen die bestehenden Verträge aus.

Sky will angeblich keinen "fairen Preis" zahlen

Der Streit eskalierte Mitte vergangener Woche: Der US-Konzern Discovery hatte da überraschend seine Zuschauer informiert, dass sie möglicherweise von Februar an die vier Sender Eurosport 2 HD, Eurosport 1 HD, Eurosport 360 HD und Discovery Channel nicht mehr bei Sky sehen können. Die laufenden Verhandlungen mit Sky könnten scheitern, hieß es. "Wir bedauern, dass für unsere Fans dieses für sie enttäuschende Szenario droht", teilte Susanne Aigner-Drews, Geschäftsführerin von Discovery Networks in Deutschland mit. Der Grund: Sky will angeblich keinen "fairen Preis" für die Einspeisung zahlen. Besonders die Eurosport-Kanäle sind beliebt, werden doch dort etwa Tennisturniere wie die Australian Open und demnächst Bundesligafußball übertragen.

Es ist ein Streit um viel Geld. Es geht nicht nur um die vier Sender in Deutschland, sondern um weitere zwölf Discovery-Kanäle, die Sky in Großbritannien verbereitet. Der Sky-Konzern in London teilte mit, es handle sich insgesamt um eine Summe von bis zu einer Milliarde Pfund, die Discovery fordere. Diese Vorstellung sei "komplett unrealistisch". Die Attraktivität der Discovery-Sender und der Zuschauerzuspruch nehme seit Längerem ab. Sky habe deshalb einige Hundert Millionen Pfund angeboten. Sollte das Geschäft nicht zustände kommen, werde das Geld eben anderweitig im Sinne der Zuschauer investiert. Discovery bezichtigte Sky daraufhin der Lüge, die Zahlen stimmten nicht, hieß es.

Es geht also hoch her. "Wir verhandeln noch und hoffen auf ein positives Ergebnis", sagte eine Sprecherin von Discovery Networks in Deutschland. "Wie es in Geschäftsbeziehungen üblich ist, kommentieren wir öffentlich keine Verhandlungen", gibt sich Sky Deutschland betont zurückhaltend. Eine Einigung in letzter Minute sei trotz des öffentlichen Getöses nicht ausgeschlossen, meint ein Beteiligter. Denn es steht für beide Seiten viel auf dem Spiel.

Discovery gibt sich sehr selbstbewusst, seit sich das Unternehmen die weltweiten Fernsehrechte an den Olympischen Spielen von 2018 bis 2024 gesichert hat. Lange hatten die Discovery-Manager mit den öffentlich-rechtlichen ARD und ZDF um eine Weitergabe der Olympia-Rechte verhandelt, am Ende scheiterten die Gespräche. Auch da waren die Amerikaner kompromisslos bei ihrer harten Linie geblieben. Discovery will die Spiele nun alleine zeigen, sowohl beim frei empfangbaren Sender Eurosport 1 als auch beim kostenpflichtigen Angebot Eurosport 2, das bisher auch bei Sky zu empfangen ist.

Discovery gegen Sky: Im Hintergrund steht auch die tiefe Rivalität zwischen den amerikanischen Medienunternehmern John Malone, 75, und Rupert Murdoch, 85. Beide sind für ihren rustikalen Stil bekannt - und sie belauern sich seit Langem.

Malone lebt am Fuße der Rocky Mountains, auf einer riesigen Ranch in der Nähe von Denver, er liebt Holzfällerhemden. Der Milliardär, einer der größten Landbesitzer in den USA, hat in den vergangenen Jahrzehnten einen der größten Kabelfernseh-, Unterhaltungs- und Medienkonzerne aufgebaut. Liberty Media mischt inzwischen überall dort mit, wo es um viel Geld geht. Zuletzt hatte Liberty in einem spektakulären Geschäft die Formel 1 übernommen und vergangene Woche den langjährigen Chef Bernie Ecclestone vor die Tür gesetzt. Zum Konzern gehört auch Discovery, der eine ganze Reihe Bezahl- und frei empfangbarer Fernsehsender betreibt. In Deutschland gehört der Kabelnetzbetreiber Unitymedia zu Liberty, der vor allen in den Bundesländern Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen aktiv ist.

Wollte man Sky nur öffentlich unter Druck setzen?

Auf der anderen Seite steht der mindestens genauso so harte Murdoch (Spitzname "Der Hai"). Der gebürtige Australier, der heute unter anderem in Manhattan lebt, hatte von seinem Vater zwei Tageszeitungen geerbt und daraus einen weltweit aktiven Konzern aufgebaut. Zu Murdochs Reich gehören viele Tageszeitungen, etwa in den USA das Wall Street Journal oder in Großbritannien die Times und das Boulevardblatt Sun, außerdem das Hollywood-Studio 20th Century Fox und der amerikanische TV-Sender Fox. Die Sky-Gruppe ist in Großbritannien, Irland, Deutschland, Österreich und Italien aktiv.

Offen ist, was die Discovery-Manager zu ihrem öffentlichen Vorstoß getrieben hat. Wollte man den Bezahlsender nur öffentlich unter Druck setzen? Das wäre eine riskante Strategie, denn Discovery könnte am Ende ohne Abschluss dastehen. Sky werde sich mit Discovery "nicht um jeden Preis" einigen, heißt es jedenfalls bei Beteiligten. Bei Sky ist man ebenfalls verärgert, zum Beispiel über das Timing. Die Mitteilung von Discovery über einen möglich Ausstieg kam in der vergangenen Woche kurz vor der Veröffentlichung der Sky-Zahlen - die auch noch durchwachsen ausfielen. So stieg in den vergangenen sechs Monaten zwar der Umsatz um sechs Prozent. Der operative Gewinn ging aber zurück, weil die Kosten für die Fußballrechte der britischen Premier League gestiegen sind.

Für Eurosport ist ein möglicher Ausstieg bei Sky riskant

Discovery hatte Sky im vergangenen Jahr bei der Vergabe der Fernsehrechte der Bundesliga Konkurrenz gemacht. Sky konnte wegen kartellrechtlicher Auflagen nicht alle Live-Rechte erwerben. So sind insgesamt 45 Spiele an Discovery gegangen, 40 Bundesligapartien am Freitag, am Sonntag und am Montag, sowie die Partien um die Bundesligarelegation und den Supercup. Diese sollen nun von der Saison 2017/18 an bei Eurosport 2 gezeigt werden.

Ursprünglich war vorgesehen, dass Eurosport 2 auch künftig über die Sky-Plattform zu empfangen ist. Dann könnte Sky-Kunden weiterhin alle Spiele live über einen Decoder verfolgen. Würde Eurosport 2 jedoch künftig nicht mehr bei Sky eingespeist werden, benötigten Fußballfans, die alle Partien sehen wollen, ein weiteres Abo mit einem anderen Decoder. Doch auf für den Sender Eurosport ist ein möglicher Ausstieg bei Sky durchaus riskant: Eurosport 2 ist auf die Verbreitung durch Sky mit seinen 4,8 Millionen Abonnenten angewiesen. Wie Eurosport diesen Verlust an Reichweite ausgleichen will, ist offen.

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Quelle:
SZ vom 31.01.2017
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