Süddeutsche Zeitung

ARD-Film "In der Falle":Bei Minute 15 geht's ins Bett

Lesezeit: 2 min

Millionärin Simone hat den besten Ehemann, aber mit dem vollen Haar ihres Kurschattens kann er dann doch nicht mithalten.

Von Viola Schenz

Millionär zu sein, macht nicht automatisch glücklich, das ist so weit bekannt, trotzdem erzählt dieser ARD-Film noch einmal davon. Simone hat eigentlich alles: einen fürsorglichen, verständnisvollen Gatten, eine adrette Tochter, ein vermögendes Familienunternehmen, einen Aufsichtsratsposten dort, einen eigenen Fahrdienst, eine Villa im vornehmsten Teil Hamburgs. Doch standesgemäß wird eine Luxus-Kur auf Norderney die Idylle beenden.

Sie lernt dort Leon (Michael Rotschopf) kennen. Erst gibt es unschuldig-scheue Blickwechsel in weißen Bademänteln im Aufzug, zum Dinner dann schon sein knallhartes Kompliment ("Sie sehen toll aus!") und die Aufforderung zu einem Segeltörn. Doch Simone Carstensen-Kleebach (Claudia Michelsen) bleibt erst mal artig reserviert, wünscht ihrem Frank (Bernhard Schütz) am Telefon eine gute Nacht und begleitet Kur-widrig, aber pflichtbewusst per Smartphone die Firmengeschäfte.

Dass es dabei nicht bleibt, ist dem Zuschauer schnell klar, und Leon auch: "Ich glaube, Sie haben Lust auf Abenteuer", meint er. Frank mag vielleicht der beste Ehemann Hamburgs sein, aber mit Leons vollem Haar kann er dann doch nicht mithalten. Bereits in Filmminute 14 gibt es den ersten leidenschaftlichen Kuss vor ihrer Hotelzimmertür, bei Minute 15 geht's ins Bett.

Wer hat die Bettfotos mit Leon gemacht?

Die Sache setzt sich in Hamburg fort. Simone nutzt die Mittagspausen für Quickies mit Leon in der Wohnung eines befreundeten Künstlers. Die Affäre mit dem Kurschatten funktioniert, bis Leon ihr gesteht, dass er wegen eines gefälschten Bildes, das er unwissentlich verkauft habe, erpresst werde. Und dann wird auch Simone erpresst: Ein Bote bringt ihr einen Umschlag nach Hause. Inhalt: Bettfotos mit Leon. Aber wer hat die gemacht?

Als ob das nicht schlimm genug wäre, geht es auch in der Firma, die mit Weizen und Genpflanzen handelt, drunter und drüber. Familienrat mit Bruder Clemens und Mutter Adele, der Firmenmatriarchin, ist angesagt.

Die Geschichte klingt bekannt? Susanne Klatten, Tochter des Industriellen Herbert Quandt (BMW), erbte nach dem Tod des Vaters zusammen mit Mutter Johanna und Bruder Stefan das Vermögen, darunter Anteile an BMW. 2007/08 wurde Klatten nach einer Affäre Opfer eines Erpressungsversuchs. Ihr Erpresser wurde 2009 zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt.

Der Lover blickt immer recht diabolisch

In der Falle beruht offiziell nicht auf dem Fall Klatten. Aber auch wer sich nicht daran erinnert fühlt, ahnt ständig, was als nächstes passiert. Zu vorhersehbar dröselt sich das Drama auf - die Überraschung, die Wende, die man herbeisehnt, stellt sich nicht ein. Auch sonst arbeitet der Film mit bewährten Klischees, der Lover blickt immer recht diabolisch, und die Wohlhabenden residieren wie meistens im Öffentlich-Rechtlichen in einem dieser kastenförmigen, kühl-modernen Domizile mit viel Grau und Glas und moderner Kunst.

TV-Millionär zu sein, ist mittlerweile ziemlich berechenbar.

In der Falle , ARD, 11.11., 20.15 Uhr.

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Quelle:
SZ vom 11.11.2015
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