Süddeutsche Zeitung

ARD-Doku über Facebook:Das nette Netz

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Es ist einfach, Facebook böse zu finden, aber es ist sehr schwer, das Böse exakt zu identifizieren: An genau diesem Phänomen scheitert eine ARD-Reportage über das digitale Netzwerk. Dabei wurde Firmengründer Zuckerberg sogar persönlich interviewt.

Johannes Boie

Es dauert 26 Minuten, bis der 45 Minuten lange Film Facebook - Milliardengeschäft Freundschaft interessant wird. Da geht es dann um den unfähigen Umgang der Amerikaner mit deutschem Datenschutz, und darum, wie Ermittlungsbehörden Facebook zur Fahndung nutzen. Sie stoßen auf just dasselbe Problem wie jeder private Facebook-Nutzer: Die Grenze zwischen sinnvoller Nutzung und unnötiger Datenpreisgabe ist nicht schmal, wie man lange dachte, sondern schlicht nicht vorhanden. Ein Wissenschaftler erklärt anschaulich, wie technisch versierte Außenstehende die Facebookwelt zum Datensammeln verwenden können.

Dies sind verhältnismäßig neue oder unbekannte Aspekte in der Debatte, und es ist das Verdienst der Autoren Svea Eckert, Anika Giese und Charles Miller, auf sie hinzuweisen. So wie es überhaupt ein ehrenwerter Versuch ist, das Netzwerk zu durchleuchten. Der Versuch allerdings ist gescheitert. Bis auf die erwähnten Szenen plätschert der Film von Plattitüde zu Plattitüde: "Mehr Mensch, mehr Umsatz, mehr Gewinn."

Dabei, und das ist paradox am Film, sind seine Protagonisten - ein Campingplatzbesitzer und eine 18-jährige Fußballerin - exakt so wie man es sich erhoffen würde: aufgeklärt und kritisch.

Es ist eben einfach, Facebook böse zu finden, aber es ist sehr schwer, das Böse exakt zu identifizieren. An dem vom NDR als exklusiv angekündigten Interview mit Gründer Mark Zuckerberg ist höchstens bemerkenswert, wie die Journalisten den Facebook-Chef in sämtlichen Kritikpunkten ausweichen lassen. Auf diesem Umweg kommt der Vorteil, den Facebook bietet, doch noch vor. Bis zu Zuckerbergs Worten lernt der Zuschauer: Das Netzwerk ersetzt im Sportverein die Telefonkette. Aber ein, zwei Hinweise darauf, wie klein die Welt geworden ist, seit Freunde ihr Leben teilen können, hätten nicht geschadet.

Da helfen dann auch die netten Tilt-Shift-Aufnahmen nicht mehr. Der technische Trick lässt gefilmte Szenen wie eine Modellbau-Landschaft aussehen und entspricht der aktuell gehypten Netzästhetik, weil sich so die große Welt als jener kleine, digitale Spielplatz darstellen lässt, der sie heute für viele ist. Immerhin: Es sieht nett aus.

Facebook - Milliardengeschäft Freundschaft, ARD, 22.45 Uhr

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Quelle:
SZ vom 13.02.2012
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