Süddeutsche Zeitung

Haustiere:Emma, sitz!

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Seit Hunde und Katzen zur Familie zählen, werden sie von ihren Besitzern immer häufiger mit besonders beliebten Kindernamen bedacht. Eine Stilkritik.

Von Violetta Simon

Ruft jemand Lilly zum Essen, ist nicht immer ein Kind gemeint: Seit Haustiere zur Familie gehören, tragen sie immer häufiger beliebte Kindernamen. Wie das Tierregister Tasso herausfand, sind Luna, Bella und Emma bzw. Balou, Bruno und Max bei Hundehaltern besonders beliebt. Katzen heißen Lilly, Luna und Lucy oder Paul, Max und Felix. Zugleich wählen Eltern für ihre Kinder immer häufiger Namen, die sich auch für Hund und Katz eignen: "Kindernamen sind heute deutlich kürzer als früher und klingen immer lalliger", sagt der Hobby-Namensforscher Knud Bielefeld.

Hasso, Rex, Tessa, Trixie - total over. Früher hörte man ihren Namen an, dass Hunde Haus und Hof zu bewachen hatten. Da war schon der Ruf nach dem Hund eine Drohung. Heute übernehmen das Bewachen Alarmanlagen und Videokameras. Der Hund indes hat den Job eingetauscht gegen eine Existenz als Privatier, die Hundehütte gegen ein gepolstertes Design-Liegebett am Ofen. Wobei da häufig bereits die Katze liegt, die - seit der Kühlschrank die Vorräte der Zweibeiner überwacht - ihre Langeweile mit dem Zerkratzen von Möbeln und Sofas statt mit Mäusefangen totzuschlagen versucht.

So wurde aus dem Tierhalter ein Dosenöffner, aus dem Nutztier ein vollwertiges Familienmitglied. Einer Studie der Tierärztlichen Hochschule Hannover zufolge betrachtet fast jeder Zweite seine Hunde und Katzen als Kindersatz. Doch wer will schon Bett und Couch mit einem Wesen teilen, das wie ein Rottweiler heißt - selbst wenn es sich um einen solchen handelt. Welcher Gefühlsklotz würde seine Katze gedankenloserweise Miezi rufen, wie es bei den Bauern üblich war, weil das Vieh ohnehin alle drei Monate überfahren und durch eine neue ersetzt wurde? Heute sterben Katzen an Niereninsuffizienz und hinterlassen tiefe Lücken in Familien!

2018 stand übrigens der Name Maximilian auf Platz eins der Jungennamen. Das mit den beliebten Namen ist ja immer so eine Sache. In einer Schulklasse ist man damit nur noch einer von vielen. Und wenn jemand nach Max ruft, kommen womöglich nicht nur vier Kinder, sondern auch noch zwei Hunde angelaufen. Der Kater? Hebt nur kurz den Kopf, versteht sich.

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