Süddeutsche Zeitung

"Parfüm des Lebens" im Kino:Riechen Sie schon was?

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Im französischen Film "Parfum des Lebens" erzählt der Regisseur Grégory Magne von einer ungewöhnlichen Freundschaft, in der es um Düfte geht.

Von Josef Grübl

Für ihn ist der Geruch von frisch gemähtem Gras ein Genuss, für sie ein Gemetzel. Werden die Halme abgeschnitten, erklärt sie, machen sich Insekten über die Schnittstellen her und saugen das Gras aus. Zur Verteidigung würde die Pflanzen Stoffe abgeben, die wiederum andere Insekten anlocken, die dann das saugende Getier töten sollen. Ein Gemetzel eben. Das, was er so gerne rieche, was ihn an seine Kindheit und den Vater mit dem Rasenmäher erinnere, seien nur Enzyme, behauptet sie.

Es geht in diesem Film also um Proteine und biochemische Prozesse, sowie um Profilierungsprobleme und justizielle Proteste. Und das kommt so: Der Mittvierziger Guillaume (Grégory Montel) hat keine Frau, aber eine Tochter - laut Familiengericht jedoch eine zu kleine Wohnung, um diese bei sich übernachten zu lassen. Also nimmt er jeden Job an, den er kriegen kann. So wird er zum Chauffeur der Duftberaterin Anne (Emmanuelle Devos), die einst Parfums für Dior komponierte, nach einem Zusammenbruch aber nur noch Gerüche von Katzenstreu oder Deorollern komponieren darf.

Als Zuschauer glaubt man fast, ein paar Gerüche zu erschnuppern

Ihre Kenntnisse über Gerüche aber teilt sie gerne mit dem Mann, der bald ihr Mädchen für alles ist: "Machen Sie die Augen zu und atmen langsam ein, so als würden Sie an einer Blume riechen", sagt sie zu Guillaume in ihrem Geruchslabor. Und er macht mit, tippt auf das Odeur von Orangenschalen oder den Mief von Mülleimern. Als Zuschauer glaubt man ebenfalls, einzelne Komponenten zu erschnuppern - auch wenn das Kino eine geruchsfreie Zone ist, zumindest auf der Leinwand.

Geruchsempfindungen spielen filmhistorisch gesehen eine untergeordnete Rolle, Sinneseindrücke zielen im Kinosaal stets auf visuelle und auditive Reize. Experimente mit Duftorgeln oder Aromakarten zum Rubbeln konnten sich nicht durchsetzen. Die etwas weltfremde Mademoiselle Anne kann ihrem Publikum zumindest ein Gefühl für olfaktorische Wahrnehmung vermitteln - das ist vielleicht die größte Leistung dieses französischen Spielfilms aus dem Jahr 2019.

Zum Glück macht Drehbuchautor und Regisseur Grégory Magne ("L'air de rien") auch nicht den Fehler, seinem Leinwandpaar eine Liaison anzudichten; er nimmt sich Zeit für seine Charaktere und ihre Eigenheiten und erzählt von einer Freundschaft, die es so im wahren Leben wohl kaum geben würde - zu ungleich sind die beiden. Das wirkt trotz allem recht lebensnah, human und gar nicht so blumig wie der deutsche Verleihtitel es suggeriert.

Les parfums , F 2019 - Regie und Drehbuch: Grégory Magne. Kamera: Thomas Rames. Mit: Emmanuelle Devos, Grégory Montel, Sergi López. Happy Entertainment, 100 Minuten

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