Süddeutsche Zeitung

Neues Werk von Banksy:Sprühfarbe auf Pissfliese

Lesezeit: 1 min

Auch der Street-Art-Künstler Banksy muss jetzt von zu Hause aus arbeiten. Seine Frau hasst es.

Von Jakob Biazza

Tröstlich: Selbst die kommerziellen Großkaliber des Kunstbetriebs müssen in diesen Tagen im Home-Office schaffen. Wobei der Trost hier zunächst nicht so sehr vom Werk selbst kommt, das zu Hause geschaffen wird, sondern eher vom Untergrund, auf den es gemalt ist: ein Badezimmer. Nicht irgendein Badezimmer. Banksys Badezimmer, wenn man dem Schöpfer glaubt, was man ganz grundsätzlich auf gar keinen Fall tun sollte.

Der Mann (oder - wer weiß - vielleicht ja sogar die Frau?) lebt schließlich von der Vertuschung und Geheimhaltung auch und vor allem der eigenen Identität. Und das nicht schlecht: Ende vergangenen Jahres erst wurde etwa das Gemälde "Devolved Parliament" für umgerechnet 11,1 Millionen Euro ersteigert. Ein Bild, das das britische Unterhaus zeigt, mit Affen anstelle des parlamentarischen Personals, und auch hier gab es schon viel Trickserei: Das Bild entsprach nämlich weitestgehend dem Werk "Question Time" von 2009, wich dann aber in Details plötzlich ab. Und die Frage, ob Banksy selbst die Änderungen vorgenommen hatte, dürfte den Preis noch mal deutlich getrieben haben.

Schwer zu sagen also, ob es sich hier nun wirklich um Banksys Badezimmer handelt, wie er mit dem lapidaren Instagram-Post, seine Frau hasse es, wenn er von zu Hause aus arbeite, zumindest impliziert. Aber wenn es denn wahr ist, dann dürfte es viele doch erfreuen, dass der Ort, den ein Kunst-Millionär zu Fuß aufsucht, von so erlesener Scheußlichkeit sein kann: ein verfallener Pastellalbtraum, die Farbe rissig, der Putz brökelt, der Rahmen des Spiegels brüllt "Kunstholz", Waschbecken und Toilette tragen den Grind von Wochen und die Fliesen sind von diesem gütigen Ockerton, der Urinflecken lange verzeiht.

Genüssliches Urinieren - im Stehen

Und darauf hat Banksy nun also seine inzwischen ikonischen gemalten Ratten verteilt, die dort allerlei Schabernack mit der Einrichtung betreiben - an den Handtuchhaltern herumschwingen, das Klopapier entrollen oder Zahnpasta und Handseife im Raum verteilen. Ein besonders großes Exemplar uriniert genüsslich und im Stehen auf die heruntergeklappte Brille.

Man könnte das alles wohl als Spielerei sehen. Oder man liest es als mahnenden Kommentar auf das, was droht, wenn die Ausgangsbeschränkungen andauern: Chaos nämlich, Deprivation und privater Niedergang. Oder lebensweltlicher: Ist die Katze nur noch im Haus, tanzen die Mäuse irgendwann trotzdem auf dem Toilettendeckel.

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Quelle:
SZ vom 17.04.2020
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