Süddeutsche Zeitung

Neu in Kino & Streaming:Welche Filme sich lohnen - und welche nicht

Lesezeit: 3 min

Ein Löwe muss gegen Idris Elba kämpfen, das anarchistische Känguru von Marc-Uwe Kling ist zurück, und Sylvester Stallone lässt sich als müder Superheld zum Einsatz bitten. Die Starts der Woche in Kürze.

Von den SZ-Kritikern

Beast - Jäger ohne Gnade

Sofia Glasl: Die Idee ist so einfach wie brillant. Idris Elba, Hollywoods harter Hund mit dem weichen Welpenblick, kämpft in der Savanne Südafrikas gegen einen Löwen. Für den isländischen Filmemacher Baltasar Kormákur sollte ein solch klassischer Survival-Thriller spätestens seit "Everest" ein Klacks sein. Doch irgendetwas ist zwischen Aufzugspitch und Drehbeginn mächtig durcheinandergeraten, und so stolpern ein Witwer (Elba) und seine beiden Töchter mitten in eine Fehde: Ein wütender Löwe macht Jagd auf die Wilderer, die sein Rudel abgeschlachtet haben. Wer kann es ihm verübeln? Auch wenn Elba und Kormákur sich noch so abmühen - Aufmerksamkeit und Mitleid gelten der geschundenen CGI-Katze.

Bullet Proof

Anke Sterneborg: Es ist einer dieser einfachen Pläne, die garantiert schiefgehen. Ein kleiner, namenloser Gauner (gespielt von Regisseur James C. Clayton) bringt den Drogenbaron Temple (Vinnie Jones) um eine Tasche Geld, was der sich natürlich nicht gefallen lassen kann, weshalb er seine Horde psychopathischer Handlanger auf ihn loslässt. Flucht, Verfolgung, Gewaltausbruch, Rettung in letzter Sekunde, und alles wieder von vorne, in mechanisch abschnurrendem Rhythmus. Zusätzliche Komplikationen bringt die hochschwangere Frau von Temple, die im Kofferraum des Gangsters aus ihrer toxischen Ehe ausbrechen will. Das Potenzial eines wilden, schmutzigen B-Movies verläppert in einem lustlosen Abklatsch besserer Filme.

Evolution

Fritz Göttler: Drei Bruchstücke um Holocaust, jüdische Generationskonflikte, vage und über große zeitliche Distanzen miteinander verbunden. Eine Jugend zwischen Familie und Schule im heutigen Berlin. Die Frage der Identität, die durch einen Pass nicht gelöst werden kann, und erst recht nicht durch fünf. Die kühne Choreografie von Kornél Mundruczó - unaufhörliche Bewegung in wenigen, mehr als viertelstündigen Einstellungen - macht Leere, Ratlosigkeit und Entwurzelung spürbar. Manchmal geht der Blick weit in die Tiefe, es gibt Ausbrüche von Wasser und Feuer. Der Film entstand aus einem Projekt der Ruhrtriennale, Drehbuchautorin Kata Wéber blickt zurück auf die eigene Familiengeschichte.

Die Känguru-Verschwörung

Josef Grübl: Ein Film über die Klimakrise? Über Verschwörungsdeppen, Reichsbürger, Russlandfreunde? Das kann ja heiter werden. Wird es auch: Marc-Uwe Kling, der Erfinder des kommunistischen Kängurus aus Berlin-Kreuzberg, hat für den zweiten Känguru-Film wieder das sehr lustige Drehbuch geschrieben. Er spricht das Beuteltier auch. Sogar die Regie übernahm er erstmals (gemeinsam mit Alexander Berner), was eher eine mittelgute Idee war: Vor lauter Irrsinn und anarchistisch-absurden Gags zerfällt der Film in seine Einzelteile.

Märzengrund

Doris Kuhn: Der Sohn eines reichen Bauern im Zillertal kann den Konventionen nicht genügen: zu scheu, zu sanft, auch den Hof will er keinesfalls übernehmen. Die gesellschaftlichen Zwänge lassen ihn nicht los, die Liebe der Eltern treibt ihn in die Enge, also flieht er weit hinauf auf die Berge, wo er die nächsten 40 Jahre in einem Holzschuppen verbringt. Schmerzhaft genau zeigt Adrian Goiginger Ursachen und Wirkung einer radikalen Freiheitsidee und vergisst dabei nicht, in der Naturromantik nach Einsamkeit oder Egoismus zu schauen.

Mit 20 wirst du sterben

Fritz Göttler: Ein Teenager am Ufer des Nils, in einem Dorf im Südsudan, Amjad Abu Alala führt auf bewegende Weise vor, dass jedes Coming-of-Age eine Phantomgeschichte ist. Sohn des Todes rufen die Jungen des Dorfes, wenn sie Muzamil sehen, seine Mutter hatte ihn als Baby zu einem weisen Mann gebracht, der prophezeite, der Junge würde mit zwanzig sterben. Schon das Wort Tod ängstigt mich, erklärt Muzamil später, er widmet sich dem Koran und hütet sich, in den Fluss zu steigen. Das Weiß seines Gewandes hat ein messianisches Leuchten. Ein Mädchen beginnt eine spontane Beziehung mit ihm, in schöner Unbefangenheit, und ein heruntergekommener Mann, der zwischen Schnapsflaschen und Erinnerungen haust - er ist weit gereist, Kairo, Paris, Berlin, Südafrika -, zeigt ihm, was vom Kino geblieben ist: Hoffnung, auch für Muzamil. Vom Filmemacher den Opfern der sudanesischen Revolution gewidmet.

Samaritan

Annett Scheffel: Mit 76 ist Sylvester Stallone noch mal Actionheld. In der Amazon-Eigenproduktion von Julius Avery spielt er einen gealterten Superhelden, der als Müllmann arbeitet, bis ein Nachbarsjunge den Totgeglaubten aus der Versenkung lockt. Stallone ist zwar immer noch topfit. Die Bösewichte fliegen in hübschen Bögen durch die Luft. Dass er aber als bärbeißiger alter Knochen in Parka und Kapuzenpulli als albernes Klischee durch den Dauerregen der von Kriminalität durchsetzten Filmstadt wandelt, liegt weniger an ihm als an Drehbuch und Regie. Granite City ist eine schlechte Kopie von Gotham City. Die Handlung eine unoriginelle, halbherzig umgesetzte Mischung aus Marvel-Versatzstücken, Kain und Abel und "Unbreakable".

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