Süddeutsche Zeitung

Junge Fotografie: C/O-Talents:Es werde Licht

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Fotografieren kann ja mittlerweile jeder. Mit iPhone und Photoshop lässt sich kreieren, was vor ein paar Jahren noch hoch ausgerüsteten Profis vorbehalten war. Was unterscheidet die junge Fotografie-Szene von den Hobby-Künstlern der Gegenwart, wo sind die neuen Ideen, was zeichnet sie aus? Das Foto-Museum "C/O Berlin" wählt jährlich vier Talente aus, die etwas zu sagen haben. Wir zeigen die Bilder.

Ruth Schneeberger

Passanten, die in der Öffentlichkeit absurde Dinge tun, ausgemergelte Körper magersüchtiger Mädchen, menschliche Antlitze ohne jede Regung, Frauen, die an Wiedergängerinnen aus der Kunstgeschichte erinnern, Bilder von entwurzelten Bevölkerungsgruppen am Rande der europäischen Union - oder Landschaften, die der Mensch bis zur Unkenntlichkeit designt hat: Die Serie "Talents" des internationalen Forums für Fotografie "C/O Berlin" zeigt seit 2006 Bilder junger Fotografen mit einem besonderen Blick auf die Welt.

Am Anfang galt die Idee, so C/O-Sprecher Mirko Nowak, neben schon renommierten Fotografen wie Annie Leibovitz, Bettina Rheims, Ropert Mapplethorpe (Berlin: Mapplethorpe-Ausstellung - In Fleisch gegossen) oder Karl Lagerfeld, die das junge Fotomuseum im kaiserlichen Postfuhramt an der Oranienburger Straße regelmäßig ausstellt, auch jungen und noch unbekannten Talenten die Chance zu geben, ihre Arbeiten zu präsentieren. Mittlerweile hat das Museum jährlich vier "Talents" gekürt und ausgestellt und mit seinem Wettbewerb für einige Künstler den manchmal nur kleinen nötigen Anschub bedeutet, ihre Kunst zur Profession zu machen.

25 Nachwuchsfotografen wurden seitdem zu "Talents" erklärt - wir stellen in den nächsten Monaten jede Woche ein Talent auf sueddeutsche.de vor, in Text und Bild. Den Auftakt macht an diesem Freitag Mirko Martin, dessen Fotoserie "LA Crash" am Freitag um 19 Uhr im C/O Berlin gezeigt und noch bis zum 6. Dezember ausgestellt sein wird. Der Berliner Fotograf, der unter anderem in Los Angeles studiert hat, geht darin der Frage nach, wann wir Bildern Glauben schenken dürfen und wann der Realität. Ein begleitendes Interview mit dem Künstler führt die junge Kunstkritikerin Melanie Martin (deren Namensgleichheit Zufall ist). Darin geht es unter anderem um den Moment, in dem exzentrische Menschen in der von Massenmedien und TV-Drehs geprägten Stadt aus ihrer Rolle fallen.

Noch bis zum 16. Dezember können sich nun die neuen Talente bei der "C/O Berlin" bewerben, von denen vier für das Jahr 2012 als "Talents" gekürt werden. Neben einer Ausstellung in Berlin, einer Publikation und der Besprechung auf sueddeutsche.de werden die Bilder ausgesuchter Nachwuchsfotografen in internationalen Goethe-Instituten wie Washington, Wellington, Stockholm oder Santiago de Chile zu sehen sein, weitere Infos finden sich unter www.co-berlin.info/programm/talents/bewerbung.

Ausgewählt werden die Gewinner von einer Fachjury aus Kuratoren, Bildwissenschaftlern, Bildjournalisten und Fotografen, die vor allem darauf achten, ob das jährlich vorgegebene Thema inhaltlich und ästhetisch qualitativ hochwertig umgesetzt wurde und das Gesamtkonzept stimmt. Für das kommende Jahr heißt das Motto "Cinematic Thinking", und die große Frage lautet: Worin liegt die Stärke des eingefrorenen Moments im Vergleich zum bewegten Bild?

Bewerben können sich Fotografen bis zum Alter von 35 Jahren. Besonderes Merkmal gegenüber anderen Fotografie-Wettbewerben: Hier bewerben sich auch Kunstkritiker bis zum Alter von 35 Jahren, deren Texte und Interviews im Falle des Gewinnes im jeweiligen Ausstellungskatalog veröffentlicht werden. Das Fotomuseum möchte damit einen Beitrag leisten, auch jungen Schreibern den Einstieg in den Beruf zu erleichtern.

Allen talentierten Fotoliebhabern viel Glück bei der Bewerbung - und Ihnen, liebe Leser, viel Spaß beim Entdecken der neuen Positionen!

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