Süddeutsche Zeitung

"Hannas schlafende Hunde" im Kino:Das ewiggestrige Leben

Regisseur Andreas Gruber zeichnet in "Hannas schlafende Hunde" ein düsteres Zeitbild der Sechzigerjahre, in dem die Täter der NS-Zeit ihren einstigen Opfern noch immer das Leben schwer machen.

Von Josef Grübl

In österreichischen Kellern wohnt das Grauen. Das weiß man seit den Kriminalfällen Fritzl oder Kampusch sowie aus den Filmen von Ulrich Seidl und Markus Schleinzer. Dort fühlen sich die Kleinen groß, die Perversen privat, die Unterdrückten überlegen.

Auch in der deutsch-österreichischen Koproduktion "Hannas schlafende Hunde" geht es abwärts, ein Hausmeister lockt die neunjährige Titelheldin in ein finsteres Kellerabteil.

Doch Hanna weiß sich zu helfen - vielleicht, weil ihr auch sonst keiner hilft. Es ist das Jahr 1967, in der Provinzstadt Wels leben die Ewiggestrigen, bigotte Katholiken und Alt-Nazis.

Hannas Mutter (Franziska Weisz) will unter keinen Umständen auffallen, die Oma (Hannelore Elsner) ist blind und spöttisch - und mittendrin steht Hanna (Nike Seitz), die von ihrer jüdischen Herkunft nichts erfahren soll.

Der Regisseur Andreas Gruber ("Hasenjagd") konzentriert sich in seiner Verfilmung des autobiografischen Romans von Elisabeth Escher auf diese drei unterschiedlichen Frauenfiguren; sein Film wirkt vom Erzähltempo und der Bildsprache wie aus der Zeit gefallen, kann aber auch als aktueller Kommentar auf den Rechtsruck in Österreich verstanden werden.

"Hannas schlafende Hunde" - Deutschland, Österreich 2016. Regie: Andreas Gruber, Kamera: Martin Gressmann. Mit Hannelore Elsner, Nike Seitz, Franziska Weisz, Rainer Egger. Alpenrepublik Filmverleih, 120 Minuten.

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Quelle:
Süddeutsche Zeitung vom 09.06.2016
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