Süddeutsche Zeitung

Social Media:Achtung, Schleichwerbung!

Lesezeit: 3 min

Welche Regeln müssen Influencer beachten? Und wer gilt überhaupt als solcher? Ein Gespräch mit Christian Solmecke, Rechtsanwalt für Internet- und Medienrecht und selbst auf Youtube aktiv.

Von Sigrid Rautenberg

Die goldene Regel der Produktwerbung in den sozialen Netzwerken lautet: Was bezahlt wird, muss auch gekennzeichnet werden. Aber wie genau? Und welche Folgen haben Versäumnisse? Christian Solmecke, 48, ist Rechtsanwalt für Internet- und Medienrecht und Partner der Kanzlei Wilde Beuger Solmecke in Köln. Er weiß, wo die Grenze zur Schleichwerbung liegt, wann Abmahnungen drohen und warum gerade bei Privatfotos besondere Vorsicht geboten ist.

SZ: Würden Sie sich selbst als Influencer bezeichnen? Schließlich erreichen Sie mit Ihren Youtube-Videos mehrere Hunderttausend Menschen.

Christian Solmecke: Dass wir mit unseren diversen Kanälen "Influencer" sind, lässt sich wohl kaum abstreiten. Tatsächlich ist mir in den vergangenen Jahren immer mehr aufgefallen, wie viel Einfluss wir gerade mit unseren Videos haben können. Meine Positionen haben auch Politiker im EU-Parlament und im Bundestag erreicht, mit denen ich dann Gespräche etwa über das neue Urheberrechtsgesetz hatte.

Ab wie vielen Followern ist man ein Influencer?

Hier gibt es keine feste Größe. Trotzdem spielt die Zahl gerade im Wettbewerbsrecht eine Rolle. Die Abmahnverbände mahnen meist nur Influencer wegen Schleichwerbung ab, die eine gewisse Reichweite, etwa ab 10 000 Followern, haben. Aber auch bei deutlich weniger besteht das Risiko, eine Abmahnung zu kassieren. Wo die Grenze zu ziehen ist, ist weiterhin unklar.

Muss Werbung auf allen Social-Media-Kanälen gekennzeichnet werden?

Ja, die Kennzeichnungspflicht betrifft alle Social-Media-Kanäle. Sie ergibt sich aus verschiedenen Gesetzen: aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, dem Telemediengesetz und, sofern es zum Beispiel um Youtube-Videos geht, auch aus dem Medienstaatsvertrag. Allerdings war lange unklar, wie genau diese Gesetze zu verstehen sind, weil sich das Influencer-Marketing irgendwo in der Grauzone zwischen Fremdwerbung und Eigendarstellung bewegt.

Was gilt als Werbung, was nicht? Und was ist, wenn ich mir ein Produkt selbst gekauft habe und das meinen Followern zeigen möchte?

Wenn der Influencer für einen Beitrag über ein Produkt eine Gegenleistung erhält oder das Produkt kostenlos bekommt, aber daran Bedingungen geknüpft sind, muss er einen Hinweis auf Werbung geben. Natürlich auch, wer werbliche Links setzt oder Rabattcodes vergibt. Allerdings auch dann, wenn das Produkt selbst gekauft und es zu "werblich" dargestellt wird. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn das Produkt neben dem redaktionellen Inhalt zu sehr im Mittelpunkt steht, eine werbende Sprache verwendet wird oder Bildmaterial und Slogans übernommen werden.

Worauf müssen Influencer dabei besonders achten?

Der Hinweis muss so deutlich sein, dass er aus der Sicht des durchschnittlich aufmerksamen Verbrauchers auf den ersten Blick und zweifelsfrei hervortritt. Auf der sicheren Seite dürfte man hier sein, wenn man den Hinweis direkt deutlich im Foto oder Video platziert. Wenn man im Text auf die Werbung hinweist, sollte das durch Stilmittel wie einen Absatz, eine andere Farbe oder die Gestaltung der Schrift hervorgehoben werden. Zu empfehlen sind außerdem deutsche Hinweise wie "Werbung" oder "Anzeige", anstatt englischsprachige wie "sponsored by" oder "ad". Auch Hashtags allein wie #Werbung oder #Anzeige reichen nicht.

Welche Folgen haben Fehler oder Versäumnisse?

Am häufigsten gibt es wettbewerbsrechtliche Abmahnungen. Danach muss der Influencer die Abmahnkosten und eventuell auch Schadensersatz zahlen. Außerdem müssen sich Influencer dazu verpflichten, eine Vertragsstrafe zu zahlen, sollte sich der Verstoß wiederholen. Auch die für bestimmte Gesetze zuständigen Behörden können Bußgelder verhängen.

Gibt es weitere Fallstricke, auf die Influencer und Social-Media-Nutzer achtgeben müssen?

Ja! Die größten Stolperfallen sind einmal das Recht am eigenen Bild von fotografierten Personen. Wenn es sich nicht gerade um eine Berühmtheit handelt, die nicht rein privat unterwegs ist, sollte man sich in der Regel besser eine Einwilligung holen, bevor man Fotos von Menschen postet. Und fremde Fotos ohne Einwilligung zu übernehmen, ist ebenfalls ein absolutes Tabu. Hier werden regelmäßig Urheberrechte des Fotografen verletzt, was auch zu teuren Abmahnungen führen kann.

Rechnen sich Ihre Social-Media-Aktivitäten?

Selbstverständlich - sowohl direkt als auch indirekt. Indirekt, weil wir als Kanzlei inzwischen recht bekannt sind und die Menschen an uns denken, wenn sie mal ein Rechtsproblem haben. Direkt, weil wir auf Social Media auch über unsere Rechtsprodukte für Verbraucher informieren und dann genau schauen können, wer zum Beispiel über Youtube, Instagram oder Facebook auf diesen Link geklickt hat. Das Wichtigste aber dürfte wohl sein: Social Media macht ehrlicherweise auch einfach Spaß.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5506538
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.