Süddeutsche Zeitung

Erste Gemeinschaftssschule in NRW:Der Schulkrieg fällt aus

Die Gemeinschaftsschule ist die Lösung: Sie sichert Schulstandorte, wenn die Schülerzahlen sinken und die Kommunen knapp bei Kasse sind. Und die Schüler haben auch was davon.

Johann Osel

Ausgerechnet ein CDU-Bürgermeister ist der Pionier. In Ascheberg im Münsterland wird es auf dessen Antrag eine Gemeinschaftsschule geben: Haupt- und Realschule verschmelzen. Angesichts sinkender Schülerzahlen auf dem Land und klammer Kommunen sind Gemeinschaftsschulen eine Chance, Schulstandorte zu erhalten.

Auch die Schüler profitieren von mehr Durchlässigkeit, niemand muss mehr mit dem Stigma leben, dass es bei ihm oder ihr nur zur Hauptschule gereicht habe. Dennoch lehnt die CDU die Gemeinschaftsschulen grundsätzlich ab. So wie früher die Ganztagsschule. Lange sahen Konservative in ihnen eine Bedrohung von Familien, einen Vorboten sozialistischer Unfreiheit. Inzwischen sind sie stolz auf all die Schulen, die sie selber eingerichtet haben.

Eine Minderheitsregierung wie in Nordrhein-Westfalen kann kaum am Schulgesetz herumdoktern. Daher geht Rot-Grün bei den Gemeinschaftsschulen den sanften Weg - mit lokalen Schulversuchen. Das ist genau die richtige Strategie für dieses sensible Metier. Noch wach sind die Erinnerungen an Hamburg, wo die Bürger im Volksentscheid gegen längeres gemeinsames Lernen stimmten. Es ist richtig, keine Reform von Düsseldorf aus zu verordnen, sondern sie im regionalen Konsens wachsen zu lassen.

Im Wahlkampf hatte der seinerzeitige CDU-Ministerpräsident noch grimmig die "Einheitsschule" verdammt. "Diese Schule wird geschlossen, wenn Rot-Rot regiert", ließ die CDU neben Pausenhöfen plakatieren, so verunsicherte sie die Bürger. Rot-Grün zieht nun ausdrücklich nicht in einen Schulkrieg - sondern kommuniziert mit Kommunen, Lehrern und Eltern. So dreht man sinnvoll an Stellschrauben des Systems.

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Quelle:
SZ vom 19.11.2010
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