Süddeutsche Zeitung

Medizin:Arsen statt Gluten

Von Felix Hütten

Menschen, die sich glutenfrei ernähren, nehmen möglicherweise erhöhte Mengen an Arsen und Quecksilber zu sich. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie, veröffentlicht im Fachblatt Epidemiology.

"Die Ergebnisse liefern einen Hinweis, dass glutenfreie Diät unbeabsichtigte Nebenwirkungen hat", sagt die Statistikerin Maria Argos von der University of Illinois at Chicago.

Ihre Forschungsgruppe hat von 73 Patienten, die beim Essen auf den Klebereiweiß Gluten verzichten, Urin- und Blutproben mit jenen von mehr als 7000 weiteren Probanden verglichen. Die Arsenwerte waren in der glutenfreien Gruppe beinahe doppelt so hoch wie in der Vergleichsgruppe, die Quecksilberwerte bis zu 70 Prozent erhöht. Die Wissenschaftler vermuten Reismehl als Quelle der toxischen Stoffe, es ersetzt in glutenfreien Lebensmitteln häufig die Weizenbestandteile.

Allerdings schränken die Wissenschaftler ein, dass ihre Studie keine grundsätzliche Aussage zu Gesundheitsgefahren durch glutenfreie Ernährung erlaubt. Schon länger ist bekannt, dass verschiedene Reissorten erhöhte Konzentrationen an Arsen aufweisen. Ob aber Menschen, die sich glutenfrei ernähren, besonders gefährdet sind, müssen weitere Untersuchungen zeigen. Experten des Bundesinstituts für Risikobewertung halten bei moderatem Konsum von Reis eine Gesundheitsgefahr jedenfalls für unwahrscheinlich.

Genau hier aber liegt das Problem: Glutenfreie Ernährung ist bei vielen ernährungsbewussten Menschen stark im Trend, immer mehr Hersteller werben mit entsprechenden Produkten. Dabei sind in Industrieländern schätzungsweise nur ein Prozent der Bevölkerung überhaupt von einer sogenannten Zöliakie betroffen - einer Unverträglichkeit der Dünndarmschleimhaut gegenüber Klebereiweiß in Getreide. Ob glutenfreie Nahrungsmittel darüber hinaus besonders gesund sind, ist wissenschaftlich nicht belegt.

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Quelle:
SZ vom 15.02.2017
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