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Umweltpolitik:Mit Horst Seehofer wankt der dritte Nationalpark

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Von Christian Sebald, München

Natürlich haben sie in der CSU derzeit alles andere zu tun, als sich mit einem dritten Nationalpark für Bayern zu beschäftigen. Schließlich geht es um nichts weniger als um die Frage, ob die Partei ihre Vormachtstellung in Bayern halten können wird und ob Heimatminister Markus Söder wirklich der richtige Mann dafür ist. Aber draußen in den Regionen, die für Bayerns dritten Nationalpark in Frage kommen - in der unterfränkischen Rhön also und in den Donau-Auen bei Ingolstadt -, da haben inzwischen viele das Gefühl, das sich alle Vorarbeiten buchstäblich in Luft auflösen werden, sowie Horst Seehofer nicht mehr Ministerpräsident und CSU-Chef ist.

"Bayerns dritter Nationalpark ist ganz eng mit der Person Seehofer verknüpft", sagt ein Beobachter. "Obwohl wir jetzt schon fast eineinhalb Jahre darüber debattieren, gibt es außer ihm kaum einen in der Partei, der das für sinnvoll hält. In der Landtagsfraktion würde keiner dem Projekt auch nur eine Träne nachweinen, wenn es jetzt beerdigt wird." Ein anderer sagt: "So aggressiv, wie es derzeit in der CSU-Fraktion zugeht, ist es gut möglich, dass sie alles abräumt, was mit Seehofer verbunden ist. Und dazu gehört dann auch der dritte Nationalpark."

Im Umweltministerium haben sie schon das Tempo rausgenommen. Zwar arbeiten sie weiter an Dialogforen, Unterlagen und Konzepten, laden zu Treffen ein und fahren raus zu Infoveranstaltungen. "Vor allem Ministerin Ulrike Scharf vermittelt weiter den Eindruck, dass sie den dritten Nationalpark hinkriegen will", sagt ein Insider. Aber natürlich haben auch schon alle gemerkt, dass tatsächliche Beschlüsse immer noch in weiter Ferne sind.

Dabei waren solche für den Jahreswechsel angekündigt. Jetzt sollen im Januar runde Tische zu etwaigen Nationalparkkonzepten einberufen werden. "Manche Ministeriumsmitarbeiter strahlen förmlich aus jeder Pore aus, dass sie alles, was sie derzeit tun, für verlorene Liebesmühe halten", sagt der Insider.

Auch in den Naturschutzverbänden, dem Landesbund für Vogelschutz (LBV) und dem Bund Naturschutz (BN) wissen sie nicht wirklich, wie sie mit der momentanen Situation umgehen sollen. Zumal weder die Donau-Auen noch die Rhön ihre erste Wahl sind. Sowohl LBV als auch BN hätten Bayerns dritten Nationalpark lieber im unterfränkischen Spessart oder - noch besser - im Steigerwald gehabt.

Wegen des massiven Widerstands der örtlichen Bevölkerung nahm die Staatsregierung beide Regionen aus dem Rennen. LBV und BN nahmen es zähneknirschend hin und betonen weiter bei jeder Gelegenheit, dass sowohl der Steigerwald als auch der Spessart ihre die erste Wahl bleiben.

Das nährt im Donaumoos und in der Rhön den Verdacht, dass den Naturschutzverbänden die neue Unübersichtlichkeit ganz gelegen kommt. "Sollten die aktuellen Nationalparkpläne scheitern, könnten BN und LBV den Steigerwald oder den Spessart bei der nächster Gelegenheit wieder Gespräch bringen", heißt es im Donaumoos, "und wir gehen dann womöglich leer aus."

Natürlich widersprechen die Verbände entschieden. "Wir machen keine taktischen Spielchen", sagt der Landesbeauftragte des BN, Richard Mergner, "wir organisieren zum Beispiel am 1. Dezember in der Rhön eine große fachliche Veranstaltung über einen Nationalpark dort." Auch LBV-Chef Norbert Schäffer beteuert, dass sein Verband klar zu einem Nationalpark in den Donau-Auen oder in der Rhön steht, "wenn das die naturschutzfachliche Qualität der Regionen hergibt". Aber auch Mergner und Schäffer halten es für durchaus möglich, dass die Nationalpark-Debatte mit Horst Seehofers Nachfolger abrupt zu Ende sein wird - wer auch immer das dann ist.

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SZ vom 23.11.2017
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