Süddeutsche Zeitung

Trotz Abschaffung der Satzung:Und ewig grüßt die Strabs

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Noch immer wissen Tausende Bürger in Bayern nicht, ob ihnen ein finanzieller Ausgleich für gezahlte Straßenausbaubeiträge zusteht.

Von Johann Osel, München

Tausende Bürger in Bayern warten nach wie vor auf eine Entscheidung, ob ihnen ein finanzieller Ausgleich für gezahlte Straßenausbaubeiträge zusteht. Mehr als drei Jahre nach Abschaffung der entsprechenden Satzung (Strabs), die im frühen Landtagswahlkampf 2018 vor allem von den Freien Wählern zum Thema gemacht worden war, ist die Arbeit einer Härtefallkommission immer noch nicht abgeschlossen; dem Vernehmen nach ist kein einziger Bescheid ergangen, noch kein Euro überwiesen. Die Antragsfrist war dagegen bereits Ende Dezember 2019 abgelaufen, mehr als 15 000 Begehren liegen vor. Grüne, SPD und FDP fordern die Staatsregierung nun auf, im Innenausschuss über diesen augenscheinlichen Stillstand zu berichten. "Mehr Tempo beim Härteausgleich für Straßenausbaubeiträge" heißt ihr fraktionsübergreifender Antrag am Mittwoch im Innenausschuss.

Johannes Becher, Kommunalexperte der Grünen, stellt sich einen persönlichen Bericht von Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sowie Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) vor. Gerade Aiwanger, der als Oppositionspolitiker zum Vorkämpfer "geschröpfter Hausbesitzer" avancierte und die damalige CSU-Alleinregierung zur Strabs-Streichung drängte, müsse in Bechers Augen auch für die Nachwehen "geradestehen". Der Antrag fordert detaillierte Auskunft, und zwar in der ersten Ausschusssitzung 2022. Bis Jahresende, so lautet durchaus die Hoffnung, könnte ja vielleicht doch ein Fortschritt vorliegen. Vor einigen Monaten hatte Becher die Causa mal "Sinnbild für die schwarz-orange Staatsregierung" genannt, "meisterhaft im Ankündigen, stümperhaft in der Umsetzung". Eine Never-Ending-Story sei das. Devise quasi: Und ewig grüßt die Strabs!

Härtefallausgleich gestaltet sich schwierig

Die Angelegenheit wirkt indes kompliziert. Grundstücksbesitzer, die bis drei Jahre vor der Reform unter "unbilliger Härte" den Straßenausbau bezahlen mussten, können Geld erhalten. Anwohner mussten früher mitunter Zehntausende Euro berappen. Über die gerechte Verteilung eines fixen Budgets entscheidet die unabhängige Kommission. Dies kann, teilte das Innenministerium zuletzt auf schriftliche Anfrage von Johannes Becher mit, "nur in einer Gesamtschau aller Anträge gelingen" und "entgegen dem Windhundprinzip" erst, wenn alle Anträge "erfasst und auf ihre Zulässigkeit und Vollständigkeit hin geprüft wurden". Die Regierung könne der Kommission keine Zeitvorgaben machen, diese arbeite aber "mit Nachdruck". Der Vorsitzende der Kommission, ein früherer ORH-Präsident, hatte im Februar im Ausschuss auf die Komplexität in rechtlicher, tatsächlicher und technischer Hinsicht verwiesen.

Denkbar wäre, dass der Antrag der drei Fraktionen auch bei CSU und FW Anklang findet. So war in den Regierungsfraktionen schon häufiger mindestens Verwunderung über den langsamen Prozess zu hören ("zunehmend verärgert"), zumal sich Bürgerinnen und Bürger ungeduldig bei ihren Abgeordneten erkundigt haben sollen.

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