Süddeutsche Zeitung

Landesvorsitz in Bayern:Uli Grötsch bewirbt sich als SPD-Chef

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Mit einer bisher noch unbekannten Genossin im Team will der Generalsekretär Nachfolger von Natascha Kohnen werden. In der Landtagsfraktion löst seine Kandidatur nicht nur Freude aus.

Von Johann Osel, München

Nach dem angekündigten Abschied der bayerischen SPD-Vorsitzenden Natascha Kohnen hat ein erster Bewerber offiziell seine Kandidatur für die Nachfolge angemeldet: der Generalsekretär und Bundestagsabgeordnete Uli Grötsch. Er kündigte dies am Donnerstag bei einem kurzfristig organisierten Video-Pressetermin an. Grötsch, 45, ist damit der erste Kandidat, der sich aus der Deckung wagt - dürfte aber sicher nicht der letzte sein. Es werde ihm eine "Ehre" sein, den laut Mitgliederzahl zweitstärksten Landesverband in Deutschland zu führen; es sei bekannt, dass er "für die Sozialdemokratie brenne, mit jeder Faser meines Körpers".

Mit einer Generalsekretärin als Team will er antreten, das Gespräch mit der noch unbekannten Genossin sei weit gediehen. Damit spricht er sich gegen eine Doppelspitze aus, die nach Vorbild der Bundespartei intern eifrig diskutiert wird. Gleichwohl werde der Landesvorstand beim Parteitag, der voraussichtlich und abhängig von der Pandemielage im März 2021 stattfindet, zu Beginn einen Leitantrag einbringen, der ein Duo als Option ermöglichen soll.

Kohnen hatte kürzlich mitgeteilt, sich nicht erneut zu bewerben. Es sei Zeit, dass mehr Jüngere die Verantwortung übernehmen. "Denn die Zukunft ist ihre", sagte die 53-Jährige. Sie verwies dabei auch auf die Krise der Sozialdemokraten. Bei der Landtagswahl 2018 mit ihr als Spitzenkandidatin erreichte die SPD ein historisch schlechtes Ergebnis, 9,7 Prozent. Im Laufe der Jahre, sagte Kohnen, sei deutlich geworden, "dass viele Menschen ihr Vertrauen in die SPD verloren hatten, über Jahrzehnte hinweg, sie erkannten uns nicht mehr als Garanten eines starken Sozialstaates und einer gerechten Gesellschaft. Beides wünschen sich jedoch so viele".

Grötschs Parteikarriere ist mit der von Kohnen verquickt. Als sie 2017 Landeschefin wurde, machte sie den Oberpfälzer zu ihrem Generalsekretär. Ausdrücklich betonte Grötsch nun die Rollenverteilung in seinen Augen, wonach ein Parteichef nach außen wirke und ein Generalsekretär nach innen - offenbar der Versuch, sein bisheriges Amt nicht zu sehr mit der Malaise der SPD zu verknüpfen.

Die Kandidatur erregte am Donnerstag Zuspruch wie Kritik. Der Fürther SPD-Bundestagsabgeordnete Carsten Träger teilte mit, er traue Grötsch zu, "ein neues Kapitel für die Bayern-SPD aufzuschlagen". In der Landtagsfraktion dagegen trifft die Bewerbung nicht auf ungeteilte Freude. "Ich finde es sehr überraschend, dass er sich für geeignet hält", sagte der Nürnberger Abgeordnete Arif Taşdelen. In seiner Zeit als Generalsekretär sei es mit der SPD "permanent nach unten gegangen", Grötsch stehe nicht für einen personellen Neuanfang.

In der Vorstellung wählte Grötsch klassische sozialdemokratische Programmatik und Rhetorik. Er sei "Arbeiterkind" und habe auch erfahren, was ärmliche Verhältnisse bedeuteten. Als Polizist kenne er harten Dienst, etwa in Nachtschichten, und wisse, was auf Straßen und Plätzen in Bayern los sei. Auch habe er Erfahrung mit Problemen wie dem Nahverkehr auf dem Land. Er wolle als Chef "authentisch" sein, er sei keiner, der "schwurbelt". Weitere Kandidaturen wurden zunächst noch nicht publik.

Erwartet wird, dass der Landtagsabgeordnete Florian von Brunn kandidiert; dies erwähnte auch Grötsch.

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Quelle:
SZ vom 20.11.2020
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