Süddeutsche Zeitung

Öffentlicher Raum:Regensburg? Zu schön für einfache Toiletten

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Wenn eine Stadt so schön ist wie Regensburg, kann man nicht einfach ein mobiles Klo aufstellen. Klar. Aber fast 900 000 Euro für eine öffentliche Toilette? Neues von der inzwischen traditionellen Regensburger Klo-Debatte.

Glosse von Deniz Aykanat, Regensburg

Wenn Regensburg nicht aufpasst, dann wird bald mehr über die öffentlichen Toiletten der Stadt geschrieben stehen als über die wohl bekannteste Bürgerin, die notorische Gloria von Thurn und Taxis. Dabei hat die Stadt mehr zu bieten als stille Örtchen und laute selbst ernannte Fürstinnen. Das weiß Regensburg nur zu gut und das macht die ganze Sache mit den Toiletten ja überhaupt erst so schwierig. Die öffentlichen Klos müssen einer solchen Stadt schon würdig sein.

Am Schwanenplatz, unweit des Regensburger Doms, hat man es nach Ansicht einiger mit der Würde erst ein bisschen übertrieben. Dann, ein Jahr später, möglicherweise untertrieben. Die Stadt hat dort ein Klohäuschen errichten lassen, für fast 900 000 Euro. Für den Preis bekäme man in der Lage eigentlich gleich noch eine Wohnung dazu, wurde moniert. Nun sieht das WC gar nicht mal so schlecht aus, sandsteinfarben, großzügig. Es gibt mehrere Toiletten für Herren, Damen, eine hochmoderne behindertengerechte Kabine und eine lange überdachte Bank - zum Verweilen für Busfahrerinnen und Busfahrer, Schulklassen, Touristengruppen, so die Vorstellung der Verantwortlichen.

Die Realität sah dann aber ein wenig anders aus. Der wettergeschützte Platz diente Obdachlosen als Schlaf- und Tauben als Tummelplatz. Oder wie es bei der Stadt hieß: "Stützpunkt zur Fütterung von Tauben." Die Bank wurde deshalb vor Kurzem abmontiert. Total würdelos, finden so einige. Auf einem Plakat wurden 900 000 Euro für Obdachlose gefordert, statt für "Yuppieklos!" Unbekannte bauten einen Schlafplatz aus Paletten neben das Klo, mit Matratze und Bettzeug.

Regensburg und seine Toiletten-Debatten, das grenzt schon an einen Fetisch. Unvergessen sind die Petition gegen Wildbiesler "Say yes to Strullerstopp!" oder die monatelangen Querelen um ein gegen Hochwasser gesichertes Klo auf der Jahninsel. Und jüngst lösten die Zustände am Friedhofsklo auf dem Dreifaltigkeitsberg Ärger aus. Die könnte man durchaus als mittelalterlich bezeichnen, anders als die Altstadt aber wohl nicht im Sinne von erhaltenswert.

Apropos erhaltenswert. Regensburg hat es halt auch nicht leicht. In einer Unesco-Welterbe-Altstadt kann man nicht einfach so ein mobiles Klo aufstellen. Eine so postkartenschöne Stadt muss natürlich dafür sorgen, dass die Regensburgerinnen und die vielen Touristen ihre Notdurft nicht wie damals im Mittelalter verrichten - auch wenn sie durch bestens erhaltene mittelalterliche Gassen schlendern.

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