Süddeutsche Zeitung

Prag:Gemeinsames Holocaust-Gedenken

Erstmals haben Bayern und Tschechien am internationalen Holocaust-Gedenktag gemeinsam der Opfer gedacht. Eine Delegation des Landtags nahm am Freitag an der Feierstunde im Senat in Prag teil. Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) wertete das gemeinsame Erinnern als "große Geste der Versöhnung". Jahrzehntelang hatte der Streit um die Nachkriegsvertreibung der Sudetendeutschen die Beziehungen zwischen München und Prag überschattet. Während der Nazi-Herrschaft waren mehr als 81 000 Juden aus dem "Protektorat Böhmen und Mähren" deportiert worden; rund 10 500 überlebten den Holocaust.

Landtagspräsidentin Stamm würdigte die Einladung nach Tschechien daher als keineswegs selbstverständlich. "Ich weiß, dass es viele von Ihnen auch Überwindung gekostet hat", sagte die CSU-Politikerin. Der tschechische Senatspräsident Milan Stech rief dazu auf, die Erinnerung an die nächsten Generationen weiterzugeben. Dabei müsse man auch auf moderne Technologien setzen: "Kinder machen heute ohne Smartphone keinen Schritt mehr", sagte der Sozialdemokrat.

Am Nachmittag legten deutsche und tschechische Vertreter Kränze am ehemaligen Krematorium des KZ Außenlagers in Leitmeritz nieder. Zum Abschluss erinnerten Politiker und Überlebende in der Gedenkstätte Theresienstadt an den deutschen Mord an den Juden Europas und die Gräuel der Besatzungszeit. "Die vielen, vielen Millionen Opfer des vorigen Jahrhunderts müssen uns ein Memento sein", sagte dort der KZ-Überlebende Miroslav Kubik. Hitler-Deutschland hatte die Tschechoslowakei mit dem Münchner Viermächteabkommen vom September 1938 zerschlagen. Im März 1939 marschierte die deutsche Wehrmacht in Prag ein

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SZ vom 28.01.2017 / dpa, SZ
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