Süddeutsche Zeitung

Pompöse Politikerpartys:Feiern wie in "Kir Royal"

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Prunkvolle Feiern in bester Gesellschaft gehören unter Politikern seit Langem zum guten Ton. Übertreiben auch. Das hat schon Franz Josef Strauß vorgemacht.

Von Anna Günther

Dekadentes Treiben von Partylöwen und Provinzfürsten gab kaum einer so treffend wieder wie Helmut Dietl Mitte der Achtzigerjahre in seiner Serie "Kir Royal". Je protziger die Feier und illustrer die Gäste, desto wichtiger muss der Gastgeber sein - das gilt offenbar noch heute. Wie eine Szene aus Baby Schimmerlos' Alltag wirkt es da zuweilen, wenn bayerische Politiker zum Geburtstag laden. Der Miesbacher Landrat Jakob Kreidl ist nur das jüngste Beispiel. Pompöse Feiern in bester Gesellschaft gehören unter Mandatsträgern seit Langem zum guten Ton. Übertreiben auch.

Ein Bauernhofmuseum wie Kreidl genügte Lorenz Reitmeier nicht. Zum 65. Geburtstag des Dachauer Bürgermeisters musste es 1995 das Stadtschloss sein, mit Empfang, Star-Tenor und Gratulantenreihe wie beim Ministerpräsidenten. 100 000 Mark soll das Fest für 300 Gäste gekostet haben, bezahlt hat die Stadt. Nach Jahrzehnten im Amt war Reitmeier nicht der erste Bürgermeister, der sich monarchengleich feiern ließ. Für Reitmeier hatte das Fest keine Konsequenzen. Drei Jahre später feierten Dachauer Politiker Reitmeiers Ernennung zum Ehrenbürger wieder im Schloss. Diesmal genügten 30 000 Mark als Budget.

Verglichen mit der Geburtstagsfeier von Franz Josef Strauß wirkt der Herrschaftsstil altgedienter Rathauschefs mickrig: Zu dessen Siebzigsten veranstaltete die CSU im September 1985 einen Partymarathon. Ganz Pater Patriae genoss Strauß eine Woche lang die Spiele. Parteifreunde versuchten sich gegenseitig mit Geschenken zu übertreffen: Der CSU-Landtagsabgeordnete Karl Kling ließ 3000 Musiker auf dem Odeonsplatz zum Festkonzert antreten. Strauß dirigierte selbst.

Die Partei feierte klein in Bonn und bombastisch in München: 1200 Gäste kamen zu Bier, Brotzeit, Trachtentanz und Stubenmusi in die Residenz. Sieben Stunden schüttelte Strauß Hände. Kritik am Spektakel ging in selbigem unter. Die Landtags-SPD hatte sich Zurückhaltung verordnet, aus Sorge, vor dem euphorischen Volk "kleinkariert" dazustehen. Zu den Gratulanten in der Residenz zählten auch Vertreter des Hauses Wittelsbach. Was diese angesichts des Spektakels in den Sälen ihrer Vorfahren gedacht haben, ist allerdings nicht überliefert.

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Quelle:
SZ vom 07.02.2014
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