Süddeutsche Zeitung

Plan der Landesregierung:Fußfessel für Extremisten: Selbst Polizei kritisiert CSU-Pläne

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Von Lisa Schnell, München

Die Gewerkschaft der Polizei und die Landtags-Grünen äußern Zweifel an den Plänen der CSU, Gefährder zukünftig mit elektronischen Fußfesseln zu überwachen. Eine solche schwarze Schlaufe um den Fuß soll den Behörden den Aufenthaltsort von Extremisten übermitteln, denen ein Anschlag zugetraut wird, die aber weder eine Straftat begangen haben noch konkret eine planen. Es können Verbotszonen definiert werden, die sie nicht betreten dürfen. So sieht es der Gesetzentwurf der Staatsregierung vor, der in dieser Woche im Landtag behandelt wird.

Bei Selbstmordattentätern allerdings zeige eine elektronische Fußfessel keine besondere Wirkung, räumt die Staatsregierung in der Antwort auf eine Anfrage der Grünen ein. Erkenntnisse, dass durch sie ein terroristischer Anschlag verhindert wurde, gebe es nicht. Da sie nur den Ort eines Gefährders dokumentierten, nicht aber seine Handlungen, seien sie kein Ersatz für weitere Maßnahmen wie eine Live-Beobachtung.

Da die Anfrage zeige, dass elektronische Fußfesseln gegen Selbstmordattentäter wirkungslos seien und eine Beobachtung nicht ersetzen könnten, seien sie nur ein "Sicherheitsplacebo", sagt Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze. Viel effektiver sei es, sich gleich nur auf die Observierung zu konzentrieren.

Nicht alleine, aber mit anderen Maßnahmen könnten Fußfesseln durchaus die Sicherheit erhöhen, heißt es dagegen von der Staatsregierung. Indem Gefährdern verboten werde, sich Treffpunkten von Extremisten zu nähern, werde einer weiteren Radikalisierung entgegengewirkt. Das Risiko, entdeckt zu werden, habe eine abschreckende Wirkung.

Prinzipiell richtig, sagt Thomas Bentele von der Gewerkschaft der Polizei. Allerdings erwartet er Probleme bei der rechtlichen Umsetzung, wenn die Fußfessel präventiv eingesetzt werden soll. Um mit einer elektronischen Fußfessel in die Persönlichkeitsrechte einzugreifen, brauche es eine Rechtfertigung. Liege aber kein klarer Tatverdacht vor, könnte sich ein Richter hier schwer tun. Auch gebe es keine klare Definition, wer überhaupt als Gefährder angesehen werde.

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Quelle:
SZ vom 24.04.2017
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