Süddeutsche Zeitung

Oberbayern:Norovirus grassiert im Krankenhaus in Miesbach

Lesezeit: 2 min

Von Matthias Köpf, Miesbach

Plötzlich heftiges Erbrechen, schwerer Durchfall, wieder und wieder, manchmal über Tage hinweg. Auch ansonsten gesunde Erwachsene fühlen sich nach einer Infektion mit Noroviren oft krankenhausreif. Doch wenn die Krankheit ausgerechnet in der Klinik grassiert, wird die Lage schwierig. Im Krankenhaus Agatharied bei Miesbach sind derzeit nicht nur viele Patienten von der schweren Magen-Darm-Grippe gebeutelt, sondern auch größere Teile des Personals.

Die Klinik mit ihren mehr als 350 Betten und insgesamt etwa 800 Mitarbeitern ist dadurch nach eigenen Angaben am Rande ihrer Möglichkeiten. Sie schiebt derzeit alle Behandlungen und Operationen, die nicht unbedingt sofort sein müssen, um mehrere Tage hinaus. Mit Ausnahme von Notfällen nimmt die Klinik derzeit keine neuen Patienten auf.

Laut einer gemeinsamen Mitteilung des Krankenhauses und des Miesbacher Gesundheitsamts ist die Zahl der Durchfallerkrankungen in Agatharied zuletzt sprunghaft angestiegen. Dabei handelt es sich nicht nur um Menschen, die als Patienten mit der Infektion in die Klinik kommen. Vielmehr steckten sich viele Patienten und auch Mitarbeiter erst in der Klinik an. In einigen Fällen müsse es als gesichert gelten, dass die Viren von Besuchern ins Krankenhaus getragen worden sind. Klinik und Gesundheitsamt bitten daher alle Angehörigen und Freunde, ihre Besuche bei den Patienten auf das Nötigste zu beschränken. Dies gelte auch für Menschen, die sich selbst nicht krank fühlten, denn auch sie könnten das Virus schon in sich tragen und verbreiten.

Im Krankenhaus selbst wird nach Angaben von Geschäftsführer Michael Kelbel, des Ärztlichen Direktors Hans Martin Schardey und des Miesbacher Gesundheitsamts alles Notwendige getan, um eine weitere Ausbreitung der Krankheit innerhalb der Klinik zu unterbinden und weiterhin alle Patienten optimal zu versorgen.

Dazu sei es in der gegenwärtigen, "extrem angespannten Situation" aber notwendig, alle aufschiebbaren, weil weniger dringlichen Behandlungen wie länger geplante Operationen oder Herzkatheteruntersuchungen auch tatsächlich einige Tage später anzusetzen. Wann genau sich die Lage wieder bessern könnte blieb am Donnerstag offen. Für die medizinische Versorgung im Kreis Miesbach spielt das Haus eine zentrale Rolle. Notfallpatienten würden in Agatharied weiterhin uneingeschränkt aufgenommen und behandelt, heißt es.

Doppelt so viele Infektionen wie im Vorjahreszeitraum

Die Infektionen in der Klinik gehen nach deren Angaben nicht allein auf Noroviren, sondern auch auf ähnliche Erreger zurück. Für die typischerweise vor allem während der Wintermonate auftretenden Erkrankungen an echten Noroviren gilt in Bayern eine Meldepflicht bei den Gesundheitsbehörden. Nach den aktuellen Zahlen des Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit wurden in ganz Bayern allein in den beiden ersten Wochen dieses Jahres 763 solcher Infektionen registriert, annähernd doppelt so viele wie im gleichen Zeitraum 2016.

Im Vergleich zu Ende Dezember hat die Zahl der Erkrankungen bayernweit aber leicht abgenommen. Schwerpunkt der Epidemie ist weiterhin Oberbayern, wo aber auch weitaus die meisten Menschen leben. Hier wurden in der zweiten Woche dieses Jahres knapp 100 Fälle erfasst, gefolgt von Oberfranken mit 75 und Niederbayern mit 58 Fällen.

Große Belastung für Kinder und alte Menschen

Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) warnt vor einer möglichen weiteren Ausbreitung der Krankheit. "Noroviren sind hoch ansteckend. Während gesunde Menschen die Erkrankung meist leicht verkraften, kann die Erkrankung für Kinder, kranke und ältere Menschen eine große gesundheitliche Belastung bedeuten", fasst die Ministerin zusammen.

Auch genesene Patienten können bis zu zwei Tage nach dem Abklingen der Beschwerden und dem Verschwinden der Symptome ansteckend sein. Betroffenen gibt auch die Ministerin persönlich den Rat, ausreichend zu trinken. Hygiene wie Händewaschen sei bei der Eindämmung der Epidemie ganz entscheidend, Medikamente gebe es nicht.

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SZ vom 27.01.2017
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