Süddeutsche Zeitung

Mitten in Nürnberg:Dürers Blumenkübel

Eine Riesenstadtmauer hat Nürnberg - hübsch, aber frischluftmäßig alles andere als optimal. Es braucht Bäume, Büsche, Kleingehölz. Aber so?

Glosse von Olaf Przybilla

Was er sich wohl denkt? Er, das ist in Nürnberg hier mal nicht ein zur Breitbeinigkeit neigender Stammesanführer. Er, das ist Albrecht Dürer, dessen Denkmal sich über einen Platz am Burgberg erhebt. Da steht er also, der Meister. Und schaut auf Blumenkübel.

Dürer, darauf kann man sich in Nürnberg einigen, soll ja einen Sinn gehabt haben für Form und Farbe. Nicht einigen kann man sich, ob er auch einen Zugang gehabt hätte für in Lkw-Planen gepackte Pflanztröge in den Farben irgendeiner Saison: blau, gelb, orange.

Gäste sollen hier davor gewarnt sein, in der Sache Stellung zu beziehen - man geriete zwischen Fronten. In der Stadt alter Meister, einem begehbaren Museum von Mittelalter und Früher Neuzeit, in dieser guten deutschen Stube solche (so der behördlich verbürgte Name) "Hotspotpots" mit Büschen, Bäumchen, Kleingehölz?

Die Freunde des Kübels halten dagegen: Wer in einer Großstadt, deren Sauerstoffzufuhr durch eine Stadtmauer beschränkt ist, deren Erbauer - eine Eselei - die Klimakrise nicht auf der Pappe hatten, wer da nichts Besseres zu tun hat, als Pflanzen zu bekriegen, dem könne man nur mit Bayerns Vizechef hinreiben: Arsch offen?

Monate schon stehen die Dinger, sind aber Dauergespräch; gerade erst hat die Anwohnerparkplatzlobby neue Truppen organisiert. Der Denkmal-Dürer? Blickt, betrachtet man's genauer, über die Bottiche hinweg. Der wird in der Sache nicht schlichten.

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