Süddeutsche Zeitung

Deutliches Ergebnis:Watschn für den CSU-Kandidaten

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Memmingen wählt überraschend den Oberbürgermeister ab, Nachfolger ist ein junger SPD-Mann.

Glosse von Florian Fuchs

Manfred Schilder ist in Memmingen geboren, in seine Zeit als Oberbürgermeister fällt der Neubau eines Hallen- und Freibads, die Erstellung eines gesamtstädtischen Klimakonzepts, der Sanierungsstart für die historische Stadtmauer, die offensive Etablierung Memmingens als "Stadt der Freiheitsrechte" sowie der Beschluss für "ein Jahrhundertprojekt", wie er es nennt: den Neubau eines Klinikums. Seit Sonntag ist Manfred Schilder nicht mehr Oberbürgermeister von Memmingen.

Der 65 Jahre alte CSU-Amtsinhaber hat gegen Jan Rothenbacher verloren, einen 30-jährigen Kandidaten der SPD, der nicht einmal in der Stadt wohnt, sondern aus dem nördlich gelegenen Alb-Donau-Kreis stammt. Das ist, was Wahlexegeten für gewöhnlich eine "schallende Ohrfeige" nennen, nicht einmal knapp war es am Wahlsonntag: Rothenbacher kam auf 55,4 Prozent der Stimmen, Schilder nur auf 38,3. Lediglich einen Wahlbezirk hat der Amtsinhaber gewonnen.

Ein bisschen Zweifel hatten sie gehabt bei der CSU, ob ihr Kandidat vielleicht in eine Stichwahl muss. Dass er nun das Rathaus verlassen muss, damit hat eigentlich niemand gerechnet. Schilder galt als nahbarer Politiker, der nicht viel falsch gemacht hat, siehe die Projekte seiner Amtszeit oben. Trotzdem ist er den Ruf nicht losgeworden, mehr zu verwalten als zu entscheiden. Vielleicht hat er also einfach zu wenig richtig gemacht.

Vielleicht wollten die Memminger mit ihrer Entscheidung aber auch nur eine historische Anomalie heilen: Ein CSU-geführtes Memmingen ist offenbar nicht vorgesehen. Schilder rutschte 2017 recht kurzfristig bei einer außerplanmäßigen Neuwahl ins Amt, weil der kurz zuvor gewählte SPD-Oberbürgermeister einem Herzversagen zum Opfer gefallen war. Seit 1966 hatte die SPD Memmingen zuvor regiert, von 1980 bis 2016 in Gestalt von Ivo Holzinger, seinerzeit der dienstälteste Oberbürgermeister Deutschlands. Der immer noch beliebte Ex-Rathauschef hatte zuletzt auch für seinen jungen Nachfolger geworben.

Nun muss Rothenbacher beweisen, dass er nicht nur einen aufwendigen Wahlkampf führen und sehr viele Hände schütteln sowie von Digitalisierung der Verwaltung und Ausbau der Ganztagsbetreuung reden kann. Und er muss zeigen, dass er sich durchzusetzen weiß: Die Allgäuer Landräte und anderen Oberbürgermeister der großen Städte im Umkreis wie Kempten und Kaufbeuren stellen allesamt die CSU und die Freien Wähler.

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