Süddeutsche Zeitung

AfD in Bayern:"Beten kann man auch ohne Moscheen"

Lesezeit: 4 min

Markus Plenk gilt als gemäßigtes Pendant zur Co-Fraktionsvorsitzenden Katrin Ebner-Steiner. "Völlig ideologiefrei" nennt sich der AfD-Politiker, doch inhaltlich liegt er auf Parteilinie.

Von Lisa Schnell, München

Es ist nicht einfach, mit Markus Plenk einen Termin zu vereinbaren. Nach dem dritten Anlauf fängt ein Verdacht an zu keimen: Ist das die oft beschriebene Skepsis gegenüber der "Systempresse"? Dann aber steht der neue AfD-Fraktionschef schließlich doch da und reicht freundlich die Hand. Er habe nur viel zu tun gehabt. Im Landtag kennt er sich noch nicht so gut aus, es sei aber viel angenehmer, als er erwartet habe: "Nette Journalisten, nette Mitarbeiter." Über eine Stunde hat er sich Zeit genommen für die Frage: Wer ist Markus Plenk eigentlich?

Gleich zu Anfang wird klar, was er nicht sein will: schrill, giftig, wütend. Worte, die oft in Zusammenhang mit seiner Partei fallen. Plenk hat im persönlichen Gespräch eine fast sanfte Stimme. Nie wird er laut, er lacht oft, wägt seine Worte ab. Viele sehen in ihm den Gegenpart zu seiner Kollegin an der Fraktionsspitze Katrin Ebner-Steiner. Sie ist mit Björn Höcke befreundet, dem Rechtsaußen aus Thüringen, und will dafür sorgen, dass "Bayern nicht zu einer islamistischen Dönerbude verkommt". Plenk dagegen trat bis jetzt nicht nur leiser auf, er soll auch inhaltlich dem gemäßigten Lager der AfD angehören und die unterschiedlichen Strömungen in der Fraktion versöhnen. Eine ähnliche Funktion kommt ihm als Chef des zerstrittenen Bezirks Oberbayern zu. Nur, was heißt das bei der AfD: gemäßigt?

"Ich bin liberal und völlig ideologiefrei", sagt Plenk. Auch mit den Grünen stimme er in vielem überein. Plenk, 49, ist Biobauer. Unter seinem Sakko trägt er meistens eine Trachtenweste. Sein Hof in Ruhpolding bei Traunstein sei seit Jahrhunderten in Familienbesitz. Auf etwa 1800 Meter Höhe in Reit im Winkl betreiben er und seine Frau zwei Almen, "Handarbeit wie vor hundert Jahren". Sein Vieh verkauft er weiter, einen kleinen Teil lässt er beim Metzger im Ort schlachten und vermarktet das Fleisch direkt. Kälber von ihren Müttern zu trennen, ist für ihn "mit das Härteste, was man machen kann". Ein Rind enthornen? Würde er niemals tun. Er ist für eine schonendere Landwirtschaft, mehr Artenschutz, für mehr Vorgaben wie die Grünen ist er nicht.

Seitdem er im Landtag sitzt, kümmert sich seine Frau nicht nur um die Kinder, sechs und acht Jahre alt, sondern auch um den Hof. Mit 52 Hektar könne man gerade so davon leben, sein Geld verdient Plenk aber als Unternehmensberater, seit 2004 freiberuflich. Knapp sechs Jahre habe er in den USA gearbeitet, in Kalifornien bei einer Ölfirma ("am Wochenende Skifahren, ganz toll"), zwei Jahre in Washington bei der Weltbank. Ganz aufgeben wird er seinen Beruf nicht: "Ich will nicht von der Politik abhängig sein."

In eine Partei trat er zum ersten Mal 2005 ein. Er wollte die Bayernpartei unterstützen, damit sie nicht vollends verschwindet. Ist er also für die Abspaltung Bayerns? "Ich könnte mich mit der Idee anfreunden", sagt er, ein Separatist aber will er nicht genannt werden. Ende 2015 wechselte er zur AfD. Plenk redet von Verfehlungen in der Europapolitik und vom Erneuerbaren Energiengesetz, von Flüchtlingen redet er zunächst nicht. Dabei war es vor allem die Flüchtlingspolitik Merkels, die ihn zur AfD brachte, das räumt er ein.

Spricht er schließlich doch von Flüchtlingen, dann nur "in Anführungsstrichen", weil die wenigsten Asyl bekämen. In Deutschland war 2018 jeder dritte Asylantrag erfolgreich. Plenk will den Menschen, die nach Deutschland kamen, gar keinen Vorwurf machen, aber der Politik, die die falschen Anreize gesetzt habe. Er will mehr Sicherheit an den EU-Außengrenzen und ein Einwanderungsgesetz wie in Kanada. Es gibt auch viele in der AfD, die meinen, Bayern brauche gar keine Zuwanderung. So wie Plenk reden auch manche bei der CSU. Er freut sich, das zu hören.

Je bürgerlicher die AfD erscheint, desto mehr Chancen hat sie in Bayern. Wie steht er also zu Aussagen wie die von der "islamistischen Dönerbude", die Bayern nicht werden dürfe? Plenk muss lachen. Vielleicht ist er wirklich amüsiert, vielleicht möchte er Zeit gewinnen. Die Aussage seiner Fraktionskollegin will ihm nicht bekannt sein. Dann beschränkt er sich auf eine semantische Bewertung: "Der Döner ist doch eher eine Erfindung von Türken aus Berlin", die Verquickung mit dem Islamismus ein wenig schief.

Die Wahl der Worte, so scheint es, ist nicht seine, die Aussage dahinter schon. Auch er glaubt, dass der Islam mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist und nach Expansion und Unterwerfung strebe. Moscheen und Minarette brauche es nicht in Bayern: "Beten kann man auch ohne Moscheen." Er meint, in Chemnitz habe es keine Hetzjagden gegeben, schließlich habe das der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen gesagt. Dem bayerischen Verfassungsschutz dagegen vertraut er nicht in gleichem Maß. Dass der einige seiner Kollegen beobachtet, sei "politisch motiviert". In seinen Reden nennt er CSU, Grüne, SPD, FW und FDP "Altparteien".

Tunnelblick ablegen, aufeinander zugehen

So ist das oft im Gespräch. Von sich aus spricht Plenk eher über Biogasanlagen als Minarette, tut er es dann doch, wird klar, warum er bei der AfD ist. Er will einer sein, der mit den unterschiedlichen AfD-Lagern nichts zu tun hat. Höcke? "Ist halt ein Vertreter der AfD in Thüringen." Auch scheint er sich nur in ausgewählten AfD-Kreisen zu bewegen: "Es gibt keinen in der AfD, den ich kenne, der einen Hang zum Nationalsozialismus hat." Wer in der Fraktion dem "Flügel" angehört, wisse er nicht, sagt der Fraktionschef. Solche Strömungen spielten doch keine Rolle in der Landespolitik, etwa wenn es um Bildung gehe.

Lehrer und Eltern sehen das anders. Sie protestierten gegen den AfD-Vorsitz im Bildungsausschuss und dürften nicht weniger besorgt sein, wenn sie Plenk hören. Wie wichtig es ist, Schüler über die NS-Zeit aufzuklären? "Die Gefahr, dass jemand die NS-Zeit vergisst, besteht nicht", sagt er, die Meinungsfreiheit aber werde immer mehr eingeschränkt. Im Landtag, das muss er zugeben, kann die AfD ihre Meinung uneingeschränkt äußern. Er appelliert an alle, ihren Tunnelblick abzulegen und aufeinander zuzugehen und meint ebenso die AfD.

Die anderen Fraktionen wollen gerade nicht besonders nah an die AfD heranrücken, auch nicht an Plenk. Am Mittwoch muss der Ältestenrat über die Sitzordnung im Plenarsaal entscheiden. Neben der AfD will niemand Platz nehmen.

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Quelle:
SZ vom 11.12.2018
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