Süddeutsche Zeitung

Wahl in Nürnberg:SPD kürt Thorsten Brehm als möglichen Maly-Nachfolger

Lesezeit: 3 min

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Sich um die Nachfolge von Ulrich Maly zu bewerben, zumal als Sozialdemokrat, ist auf den ersten Blick nicht zwingend vergnügungssteuerpflichtig. Maly war Präsident des Deutschen Städtetages, er ist weiterhin dessen Vize und gilt bundesweit als Fachmann für kommunale Fragen. Seit ein seriöses Meinungsforschungsinstitut auf die Idee gekommen ist, nach dem beliebtesten OB deutscher Großstädte zu fragen, klebt an Maly auch noch dieses Ehrenetikett. Und ein Mann, der als Sozialdemokrat eine Halbmillionenstadt in Bayern mit komfortabler Zweidrittelmehrheit für sich gewinnt, darf sich ohnehin eines Platzes in der Heldenhistorie der Bayern-SPD gewiss sein.

Seit Montag, seit Maly erklärt hat, nach drei Amtszeiten nicht mehr antreten zu wollen, ist die Partei auf der Suche nach einem, der sich um das mächtige, fast übermächtige Erbe bewirbt. Wenn die Zeitspanne, die eine Partei braucht, um wichtige Personalentscheidungen zu treffen, relevant ist für deren Bewertung, so darf der Beginn des SPD-Kommunalwahlkampfs als geglückt gelten. Für die SPD tritt 2020 in Nürnberg an: Thorsten Brehm, 34.

Das ist einerseits keine Überraschung, Brehm hatte als örtlicher Parteichef das Erstzugriffsrecht auf eine Bewerbung. Das mag andererseits vier Tage nach der für viele extrem überraschenden Ankündigung Malys verblüffen. Und so liegt der Gedanke an eine konzertierte Aktion nahe. Wann hat Christian Vogel (SPD), der ambitionierte Bürgermeister von Nürnberg, vom Rückzug erfahren? "Im Dezember", antwortet er. Parteichef Brehm räumt ein, er habe schon "früher" davon gewusst. Von einem anderen, der ebenfalls für eine Bewerbung in Frage gekommen wäre, dem Landtagsabgeordneten Arif Tasdelen, ist bekannt, dass er zu Wochenbeginn äußert verblüfft war von Malys Rückzug. Danach ging nun alles sehr schnell. Gutes Politmanagement, könnte man sagen. Jene, die nicht zum Zug gekommen sind, mögen das anders sehen.

Wie dem auch sei, Brehm wollte offenbar die Kandidatur. Wenn er auch um die mögliche Fallhöhe weiß, die damit zusammenhängt. Stelle man "die Fußstapfen" von ihm und Maly nebeneinander, so sei "der Größenunterschied völlig klar", sagt er. Sein Vorteil: Einem 34-Jährigen geht so ein Satz leicht über die Lippen, schließlich wird keiner Augenhöhe mit einem der populärsten Kommunalpolitiker der Republik erwarten. Und Brehm macht auch nicht den Fehler, sich irgendwie von Maly abzusetzen. Dessen große Linien und Leitgedanken, die "solidarische Stadtgesellschaft" und die "Stadtpolitik im Dialog", werde er bruchlos fortzuführen versuchen, kündigt er an. Es müsse sich auch keiner Sorgen machen, dass ein möglicher OB Brehm die Bewerbung um die Europäische Kulturhauptstadt 2025 mit weniger Herzblut vorantreibe als Maly.

Nur in einem Punkt macht Brehm eine Andeutung, die man zumindest als Richtungswechsel deuten könnte. Dass Nürnberg "grüner" werden müsse, nennt er sehr früh innerhalb seiner Agenda. Das mag als Selbstverständlichkeit durchgehen. Könnte man aber auch als Hinweis verstehen, dass unter ihm die Option für eine rot-grüne Rathaus-Kooperation wahrscheinlicher wird als unter Maly. Der bevorzugte stets einen möglichst breiten Rückhalt im Stadtrat und regierte mit rot-schwarzer Mehrheit. Mit den Grünen hatte Maly zumindest zu Beginn seiner Amtszeit schwerere Scharmützel ausgetragen, seitdem gilt die Beziehung als vorbelastet, auch wenn die Grünen ihr Personal seither ausgetauscht haben. Unter Brehm könnte es da einen Neuanfang geben.

Dass Brehm Malys Wunschkandidat ist, davon darf man ausgehen. Maly klingt im SZ-Gespräch dann auch sehr überzeugt von der parteiinternen Schnellauswahl. Man dürfe Brehm nur nicht mit dem "Maly 2019" vergleichen, sondern mit "dem Maly 1994". Da gebe es "dann viele Ähnlichkeiten", sagt Maly. Beide sind in Nürnberg geboren, beide haben in Nürnberg studiert, beide an der Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Maly allerdings Volkswirtschaft, Brehm Sozialwissenschaften. In einer Hinsicht hat Brehm sogar die Nase vorn: Er wurde 2015 zum jüngsten Parteichef in der Geschichte der Nürnberger SPD gewählt.

Vielen in der CSU galt ein anderer als meistgefürchteter Kandidat: der wohl deutlich bekanntere Landtagsabgeordnete Tasdelen. Der aber ist im inneren Zirkel der Nürnberg-SPD nicht so gut vernetzt wie Brehm, wohl auch deshalb ging jetzt alles so schnell. Gleichwie: Die CSU steht nun unter Zugzwang, auch einen Kandidaten zu präsentieren.

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Quelle:
SZ vom 16.03.2019
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