Süddeutsche Zeitung

Landtag:Fraktionsvorsitz birgt Zündstoff

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Die AfD hat mehrere Anwärter, ein Richtungsstreit könnte folgen

Von Johann Osel, München

Die AfD ist mit 10,2 Prozent unter ihren Ansprüchen geblieben, sie stellt 22 Abgeordnete. Fast alle sind Politiknovizen, nur einzelne haben kommunalpolitische Erfahrung. Ende der Woche wird die neue Fraktion einen Chef oder eine Chefin wählen. Zu erwarten sind Konflikte, weil die AfD in Bayern mehrere Machtzentren hat. Mediales Aushängeschild im Wahlkampf war die Vize-Landesvorsitzende Katrin Ebner-Steiner aus Niederbayern. In ihren Reden hört man, dass sie dem völkischen "Flügel" der AfD nahe steht. Sie hat zwar mit gut 16 Prozent ihr Ziel "20 plus x" verfehlt, wird aber aus Berlin gestärkt. Zu ihrer Wahlparty nahe Dingolfing kamen Gäste aus der AfD-Bundespolitik, am Montag durfte sie vor der Hauptstadtpresse auftreten. Bei der Frage des Vorsitzes stapelt die 40-Jährige tief: Sie sei generell bereit, Verantwortung zu übernehmen - alles weitere müssten die Abgeordneten entscheiden. In ihrem Umfeld heißt es, sie reiße sich nicht darum, der Job bringe viel Ärger.

Einige Bekanntheit hat auch der oberbayerische Listenführer Franz Bergmüller. 1983 trat er in die CSU ein, war lange Gemeinderat und zweiter Bürgermeister in Feldkirchen-Westerham. Der Metzger und Wirt brach mit der CSU im Streit über das Rauchverbot in Lokalen, ging dann zu den Freien Wählern (FW). "Meine Erfahrung bringe ich ein", sagte der 53-Jährige im Wahlkampf. "Eine junge Partei braucht Organisation, um auf Dauer am Markt bestehen zu können." Die AfD-Mitgliedschaft des moderat Rechten ist aber umstritten, wegen mutmaßlich anfänglicher Doppelmitgliedschaft bei AfD und FW. Jüngst bestätigte ein Gericht, dass er Mitglied ist, der Bundesvorstand ging in Berufung. Der Krach, der mit Intrigen und Flügelkampf einherging, hinterließ verbrannte Erde.

Auf SZ-Anfrage teilte Bergmüller am Dienstag mit: Schon im Vorfeld hätten ihn Kollegen gebeten, den Vorsitz zu übernehmen. Dagegen oder auch gegen eine Doppelspitze, zum Beispiel mit Ebner-Steiner, "wäre im Grunde nichts einzuwenden". Jedoch müsse der Bundesvorstand die "skurrile Diskussion" um die Mitgliedschaft beenden, er warte auf Signale. So bewerbe er sich "nicht aktiv", sondern stelle sich "im Moment nur zur Verfügung, wenn diese Signale kommen". Bergmüller sei "tief gekränkt", sagt ein AfD-Mann, der alle Lager gut kennt. Er hält es für denkbar, dass der Gastwirt die Fraktion verlässt und als Solitär oder mit Leuten seines Machtzentrums ("Leberkäs-Connection" genannt) im Landtag sitzt; "vielleicht auch, weil er nicht die bürgerliche Maske für die anderen spielen mag". Auf der niederbayerischen Wahlparty meinte ein kundiges Mitglied, Bergmüller könnte gar von der Fraktion "ausgemeindet" werden: "Man wird bei der ersten Sitzung sehen, ob das Blut unter der Tür hindurchfließt." Ambitionen auf den Vorsitz sollen intern noch mehrere Kandidaten angemeldet haben.

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Quelle:
SZ vom 17.10.2018
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