Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl in Bayern:Würzburgs OB Schuchardt deklassiert Grünen-Konkurrenten

Lesezeit: 2 min

Von Lisa Schnell, Würzburg

Die letzten Wahlkreise sind noch nicht mal ausgezählt, da werden bei den Grünen schon die Wahlplakate abgehängt. Das Gesicht ihres OB-Kandidaten Martin Heilig verschwindet vollends aus der Würzburger Posthalle. Viele Gäste waren eh nicht da wegen des Coronavirus, jetzt werden es immer weniger. Einer ruft: "Letzte Runde!" Dableiben darf man schon noch, Bier aber gibt es keines mehr. Es wäre eh nur für den Frust gewesen und nicht zum Anstoßen.

Sie waren sich so sicher bei den Grünen, dass Martin Heilig es in die Stichwahl schafft, das hatten sie nicht nur erhofft, sondern eigentlich erwartet. Dann aber wurde der grüne Balken auf dem Bildschirm immer kürzer und die Gesichter in der fast leeren Halle immer länger. Am Ende ist klar: keine Stichwahl. Amtsinhaber Christian Schuchardt, nominiert von CSU, FDP und dem Bürgerforum, hat es gleich im ersten Wahlgang gepackt mit knapp 52 Prozent. Heilig kam auf 32 Prozent. Die Freien Wähler holten knapp fünf Prozent, die SPD schaffte nicht mal das.

Dass Schuchardt es geschafft hat, das gesamte konservative Lager auf sich zu vereinigen, machen die Grünen später als den Hauptgrund für ihre Niederlage aus. Nun aber erstmal Heilig. Als er sein erstes Statement abgibt, steht vor ihm noch der Blumenstrauß, den er in diesem Moment wohl gerne durch die Luft geschwungen hätte. "Das haben wir nicht erwartet", sagt er. In ganz Bayern scheine sich offenbar ein Trend zum Amtsinhaber abzuzeichnen: "Es ist ein Schuchardt-Ergebenis und kein CSU-Ergebnis." Und dann fängt Heilig sogar an, seinen Konkurrenten zu loben. Enorm präsent sei der gewesen, in der Flüchtlingskrise "glaubhaft human". Grün aber, und jetzt wird Heiligs Stimme lauter, grün sei Schuchardt sicher nicht, auch wenn er versucht habe, sich so zu geben.

Woran es gelegen habe? Heilig zählt auf: Seine fehlende kommunalpolitische Erfahrung sei sicher ein Nachteil gewesen, sagt Heilig, der bis jetzt als Lehrer gearbeitet hat. Die Aufregung um das Coronavirus in der vergangenen Woche habe sicher auch nicht geholfen. Der direkte Kontakt zu den Menschen sei die große Stärke der Grünen, das sei eben nicht mehr gegangen und von Klimaschutz redete wirklich auch niemand mehr. "Ich will aber gar nicht alles auf Corona schieben", sagt Heilig. Und zufrieden will er dann doch sein. Als die Grünen das letzte Mal einen Kandidaten stellten, vor zwölf Jahren, bekamen sie keine 17 Prozent. Da seien 32 Prozent doch gut. Aber bei den Grünen dachte man eben lange, es würde noch viel besser.

Seit der Landtagswahl 2018 gilt Würzburg als Hochburg der Grünen. Ihr Kandidat Patrick Friedl ergatterte als einziger Nicht-CSUler außerhalb Münchens ein Direktmandat. Bei der Europawahl wurden sie erste Kraft. Das gleiche Ziel haben sie sich bei den Kommunalwahlen auch für die Stadtratswahl gesetzt. Und Heilig will die Hoffnung nicht aufgeben. Er sei immer noch "zuversichtlich", dass die Grünen bei den Stadtratswahlen stärkste Kraft werden, sagt er. "Vielleicht knallen doch noch die Korken", sagt ein Wahlkämpfer. Da ist es noch nicht mal halb neun und bei den Grünen gehen schon die ersten Lichter aus. Heilig ist nicht mehr da. Er ist los ins Rathaus: gratulieren.

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Quelle:
SZ vom 16.03.2020
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