Süddeutsche Zeitung

Katholischer Männerverein:Gegen Sex, Bikinis und die Pille

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Der Katholische Männerverein ist ein Hort der Beständigkeit, Kontinuität und Moral - mit einer engen Verbindung zur CSU. Nun haben sie einen neuen Chef gewählt.

Hans Holzhaider

In unserer sich so unglaublich schnell wandelnden Welt gibt es einen Hort der Beständigkeit und der Kontinuität: Er hat seinen Sitz in der gut 7000 Einwohner zählenden Gemeinde Tuntenhausen im Landkreis Rosenheim, deren doppeltürmige Basilika von vielen als Wallfahrtsziel höher geschätzt wird als die Gnadenkapelle zu Altötting.

Hier treffen sich jeweils am letzten Sonntag im April und im September die Mitglieder des Katholischen Männervereins Tuntenhausen, um zur virgo potens, der mächtigen Jungfrau, zu beten und anschließend gleich vis-à-vis im Gasthaus Schmid bei den anerkannt besten Weißwürsten weit und breit eine politische Rede anzuhören.

Wer Rang und Namen hat in der CSU, war hier schon als Redner eingeladen. Nicht einmal Franz Josef Strauß konnte sich dem Ruf des Männervereins entziehen, obwohl er mit dessen Gründer Alois Hundhammer so verfeindet war, wie man es unter Parteifreunden nur sein kann.

Hundhammer und seine katholischen Männer standen für den klerikalen, ultramontanen Flügel der CSU, während Strauß den - relativ - liberalen, urbanen, mehr nach Bonn als nach Rom orientierten Teil der Partei vertrat.

In Tuntenhausen wetterte Hundhammer gegen die Antibabypille und gegen die "unvorstellbaren Schamlosigkeiten" des Günter Grass, und Hundhammers Nachfolger im Amt des Kultusministers, Ludwig Huber, profilierte sich als Kämpfer gegen den zweiteiligen Badeanzug.

Als Hubers privater Lebenswandel sich später deutlich von der katholischen Sittenlehre entfernte, spottete Strauß gern über die "Teilzeit-Tuntenhausener".

Hundhammer blieb fast 30 Jahre lang Vorsitzender des Männervereins, erst 1974 übergab er das "Bollwerk Tuntenhausen" an Max Streibl, der ihm weder in seinem rigiden Moralanspruch noch in seiner herzhaften Abneigung gegen Franz Josef Strauß nachstand.

Gleich in seiner Antrittserklärung geißelte Streibl den "flatterhaften Zeitgeist" und die sexuelle Freizügigkeit, die Ehe und Familie gefährde. Später, als Ministerpräsident, achtete Streibl auch stets darauf, dass seine Kabinettsmitglieder strikt auf dem Pfad der Tugend wandelten.

Behutsame Modernisierung

Den Vorsitz im Männerverein gab er 1989 an Hans Zehetmair ab, den Parteifreunde gern "seine allerkatholischste Majestät" nannten, der aber die Moralzügel nicht mehr ganz so straff anzog wie seine Vorgänger. Die Satzung wurde behutsam modernisiert - Mitglieder müssen jetzt nicht mehr "nach den Grundsätzen der katholischen Kirche", sondern nur noch "nach den Grundsätzen der christlichen Weltanschauung" leben.

Die Mitgliederzahl stieg auf rund 1000, und der Verein hat einen tadellosen, wenn auch etwas biederen Internetauftritt.

Nun ist auch die Ära Zehetmair abgelaufen, am Donnerstag wählt der Männerverein einen neuen Vorsitzenden. Einziger Kandidat, auf Zehetmairs Vorschlag, ist Kultusstaatssekretär Marcel Huber, 51, der bei den Bauern schon deshalb gut ankommen wird, weil er als gelernter Tierarzt jederzeit einer Kuh beim Kalben helfen kann.

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Quelle:
SZ vom 26.11.2009
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