Süddeutsche Zeitung

Klimakonferenz:"Fridays for Future": Umweltminister lädt Aktivisten ein

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Von Claudia Henzler, Erlangen

PR-Aktion oder echter Dialog? Das war die große Frage, als am Freitag in Erlangen die erste Jugendklimakonferenz begann. Bayerns Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) hatte als Reaktion auf die "Fridays for future"-Demonstrationen Schüler aus ganz Bayern zu zwei großen Veranstaltungen geladen und damit erst einmal die Organisatoren von "Fridays for future" verärgert. Denn hinter den Freitagsdemonstrationen steckt eine Bewegung mit schon beachtlichem Organisationsgrad und Sprechern, die hätten gefragt werden wollen.

Die Erlanger Gruppe, zu deren hartem Kern sich 40 Aktive zählen, hatte ihren Unmut schon vor der Jugendkonferenz per Pressemitteilung kundgetan. ",Fridays for future' steht den gesamten Jugend-Klimakonferenzen sehr kritisch gegenüber, da es den Eindruck erweckt, dass eine PR-Aktion zugunsten des Umweltministeriums auf Kosten der Jugend und der Jugendbewegung ,Fridays for future' angestrebt wird", hieß es dort.

So ging es bei der Eröffnung weiter. Zwei Aktivisten schnappten sich nach Glaubers Begrüßung kurzerhand das Mikrofon und monierten, dass auf Landesebene zu wenig für die Einhaltung der Klimaziele getan werde. Glauber stand freundlich daneben und klatschte höflich. Er hatte zuvor beteuert, dass dies "keine Show-Veranstaltung" werde. Er wolle zuhören und die Wünsche der Jugendlichen weitertragen. "Ich versuche, der Transformator eurer Interessen in den bayerischen Landtag zu sein", sagte er. Als Ausweis seiner Glaubwürdigkeit führte er bei seinem Publikum ein langjähriges Engagement in der katholischen Jugendarbeit und als jugendpolitischer Sprecher im Landtag an.

Einer der Sprecher der Erlanger "Fridays for future"-Bewegung ist Florian Fischer. Er war als Student nicht in Glaubers Einladung einbezogen. "Wenn man es als Dialog mit "'Fridays for future' darstellt, dann sollte man auch mit ,Fridays for future' kommunizieren", kritisierte der 19-Jährige im Gespräch mit der SZ. Studenten spielten in der Bewegung eine wichtige Rolle, doch das Umweltministerium habe ausschließlich Schüler zur Teilnahme aufgerufen - und dabei pro Schule einen Platz vorgesehen. Erst als Sprecher der Bewegung protestierten, seien auch ältere Vertreter eingeladen worden - aber gerade mal zwei pro Regierungsbezirk. Dass hier jemandem an einem echten Austausch mit den Klima-Aktivisten liegt, bezweifelte Fischer. Vor der Versammlung in der Erlanger Stadthalle äußerte er dennoch die Hoffnung, "dass es nicht nur darum geht, was jeder einzelne für den Klimaschutz tun kann". Denn das wüssten die Aktivisten schon selbst. Wichtig sei, über die großen Themen wie Energiegewinnung, Verkehr und Landwirtschaft zu sprechen.

Etwa 170 Jugendliche aus weiterführenden Schulen in den drei fränkischen Bezirken und aus der Oberpfalz nahmen teil. Sie wurden in fünf Arbeitsgruppen eingeteilt, um dort in einer Dreiviertelstunde Vorschläge zu drei Themen zu erarbeiten: Energie, Konsum, Mobilität. Weil sich das Ministerium nicht dem Vorwurf aussetzen wollte, die Jugendlichen würden für eine mediale Inszenierung ausgenutzt, fanden die Workshops und die anschließende Aussprache mit dem Minister unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Die meisten Jugendlichen kamen gut vorbereitet nach Erlangen - und viele hatten sich über den Messengerdienst Whatsapp ausgetauscht. "Das ist der Wahnsinn, was da abgelaufen ist", berichtete Anna kurz vor Konferenzbeginn über den Informationsfluss. Ihr selbst lag ein günstiges Ticket für Bus und Bahn am Herzen. Schülerin Marie aus Bamberg hatte sich für Glauber die Frage überlegt, wie er die Abstandsregelung für Windräder rechtfertigen kann. "Weil es wichtig ist, dass ein Land wie Deutschland nicht auf Ressourcen wie Kohle zurückgreift, sondern auf regenerative Quellen."Auch Zwölftklässlerin Johanna aus Nürnberg hatte sich mit Mobilität befasst. Sie wünschte sich den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs im ländlichen Raum und ein 365-Euro-Ticket. In der Diskussion wollte sie sich auf keinen Fall in die "Was kannst du selber tun"-Falle locken lassen, sagte sie: "Es soll darum gehen, dass endlich der Staat etwas macht."

"Das ist hier nicht das Forum, das die Welt retten wird", sagt ein Schüler hinterher

Letztlich stellte sich heraus: Drei Stunden waren zu kurz für den geplanten Austausch, die Konferenz wurde um eine Stunde überzogen. Bei der zweiten Konferenz muss es unbedingt veganes Essen geben. Und die Jugendlichen hätten einen härteren Gesprächspartner bekommen können als einen Freie-Wähler-Minister, der viele ihrer Ansichten teilt, für die er als Landespolitiker aber nur zum Teil zuständig ist - die Bahn müsse mehr Geld investieren, Flüge sollten besteuert werden, ein Tempolimit wäre notwendig, man müsse weg von Agrarkonzernen.

Die Schüler zeigten sich anschließend ernüchtert bis zufrieden, einer der "Friday for future"-Aktivisten, die sich mit ihren Zwischenrufen im Plenum wenige Freunde gemacht hatten, sagte am Schluss sogar versöhnlich: "Im Großen und Ganzen ist es eine tolle Idee." Aber, und diese Einschränkung war auch von anderen Teilnehmern zu hören: "Das ist hier nicht das Forum, das die Welt retten wird." Die Schüler wollen den Druck aufrechterhalten, damit das andere tun.

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SZ vom 30.03.2019
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