Süddeutsche Zeitung

Weihnachten:Leise brummen - Pfarrer gibt Verhaltenstipps für Gottesdienst an Heiligabend

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Am 24. Dezember füllen sich die Kirchen auch mit ungeübten Besuchern. Damit niemand peinlich auffällt, stellt der Nürnberger Pfarrer und Kabarettist Hannes Schott unterhaltsame Benimmregeln auf.

Glosse von Thomas Balbierer

Der letzte Kirchenbesuch geriet zur Blamage. Ein befreundetes Paar ließ vor einiger Zeit seinen Sohn taufen. Offenbar wollte der Priester ein wenig Schwung in die Zeremonie bringen, also ging er auf die Kirchenbänke zu. "Wir feiern heute ...", setzte er an und deutete dann fragend auf mich. Völlig überrumpelt stotterte ich: "Wird das jetzt ein Quiz?" - "... die Taufe", beendete er seinen Satz. Vorwurfsvoll wandte er sich ab, zumindest kam es mir so vor.

Mir war schon klar, wo ich mich befand. Doch wie immer, wenn mich private Pflichten in eine Kirche führen, versuchte ich auch diesmal, bloß nicht aufzufallen. Das ist als unreligiöser Mensch gar nicht so einfach. In Gottesdiensten gibt es eingespielte Rituale, die an Fan-Choreografien im Fußballstadion erinnern. Einer gibt was vor, die Menge stimmt ein. Es wird gesungen, gekniet, gestanden, gesessen - und irgendwann gibt es Alkohol. Nur wann genau etwas passiert, ist Ungeübten oft ein Rätsel.

Zum Glück gibt es Menschen wie den evangelischen Pfarrer Hannes Schott aus Nürnberg. Auch ihm ist klar, dass zu bestimmten Anlässen nicht nur Profis auf den Holzbänken Platz nehmen. Vor allem an Heiligabend ist die Quote derer, die unfallfrei alle sieben Sakramente aufzählen können, besonders gering. Schott, im Nebenberuf Kabarettist, hat deshalb auf Facebook eine Reihe von Benimmregeln veröffentlicht, die die SZ in Ausschnitten zitiert:

Betreten: Wenn der Gottesdienst bereits begonnen hat, betreten Sie leise und ruhig die Kirche. Bitte sehen Sie davon ab, lautstark Gottesdienstbesucher*innen, Geistliche ("Moin Pfarrerla!") oder Statuen ("Servus Jakobus!") zu begrüßen.

Kleidung: Ein Jogginganzug ist kein Anzug.

Sitzplätze: Gewöhnlich besteht freie Platzwahl. Sollten Sie allerdings auf DEM Platz sitzen, auf dem seit 63 Jahren Frau Huber sitzt, sollten Sie sich schleunigst trollen.

Singen: Sollte Ihnen das Lied gänzlich unbekannt sein und Ihre Stimme wenig geübt, empfiehlt es sich, nur leise zu brummen.

Predigt: Bitte sehen Sie davon ab, vorzeitig "Amen" oder gar "Schneller, ich muss zu meinen Klößen!" reinzurufen.

Klingelbeutel: Bitte nicht ausgiebig im Klingelbeutel Geld wechseln.

Fotografieren: Lassen Sie es bitte einfach während des Gottesdienstes, ok?

Aufstehen: Orientieren Sie sich an altgedienten Gottesdienst-Veteran*innen, wenn Sie unsicher sind, an welcher Stelle Sie aufstehen müssen und tun Sie es ihnen gleich.

Schlafen: Kirchenschlaf gilt als der gesündeste Schlaf.

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