Süddeutsche Zeitung

Haderthauer und die Modellbau-Affäre:Ingolstädter Krawall-Anwältin

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Die ruppige Verteidigungsstrategie von Ministerin Haderthauer in der Modellbau- Affäre mag ein Mittel zum Frustabbau sein. Zur Bewältigung einer politischen Krise taugt sie nicht.

Kommentar von Sebastian Beck

Staatskanzleichefin Christine Haderthauer hat die Kabinettssitzung am Dienstag in Nürnberg durch den Hinterausgang verlassen, man könnte auch sagen: Sie hat die Flucht ergriffen. Für ein Kabinettsmitglied ist das ein eher schwacher Abgang, der sehr an ihren Auftritt in einer Würzburger Asylunterkunft vor einem Jahr erinnert: Als aufgebrachte Flüchtlinge sie zur Rede stellen wollten, verdrückte sich die damalige Sozialministerin Haderthauer einfach und ließ Landtagspräsidentin Barbara Stamm schlichten.

Sonst schlägt die Rechtsanwältin gerne den schneidigen Tonfall an, selbst dann, wenn man - salopp gesagt- besser mal die Klappe halten sollte. Immerhin ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen sie und ihren Ehemann wegen des Verdachts auf Betrug. Mit "Skandalhysterie" hat das nichts zu tun.

Natürlich gilt auch für die Haderthauers die Unschuldsvermutung. Zwar sind längst noch nicht alle Fragen im Zusammenhang mit der bizarren Modellbau-Affäre beantwortet. Es erscheint aber gut möglich, dass Haderthauer am Ende im strafrechtlichen Sinne nichts vorzuwerfen ist - und sie trotzdem aus dem Kabinett fliegt.

Opfer spielen und austeilen

Denn auf die Fragen und Vorhalte reagiert Haderthauer nicht wie eine Politikerin, die mal als potenzielle Ministerpräsidentin gehandelt wurde. Haderthauer gibt lieber die Krawall-Anwältin: ruppig und vorlaut. Auf ihrer Facebook-Seite lässt sie sich von ihren Fans zum Opfer stilisieren und teilt selbst aus.

Das mag ein gutes Mittel zum Frustabbau sein, als Strategie zur Bewältigung einer politischen Krise ist es untauglich. Vielmehr führt Haderthauer damit ihre eigene Unzulänglichkeit öffentlich vor. Regierungschef Horst Seehofer hat ihr jetzt klar gemacht, dass seine Loyalität Grenzen hat. Diese Warnung sollte Haderthauer ernst nehmen. Sonst wird sie bald wieder einen Abgang machen: durch die Hintertür der Staatskanzlei.

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Quelle:
SZ vom 07.08.2014
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