Süddeutsche Zeitung

Mitten in Augsburg:Erregte Diskussionen über "Gloryholes"

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Der Vorschlag, Wandlöcher für anonymen Sex zu schaffen, sorgt an der Uni Augsburg für Aufruhr. Dabei könnte man die Sache auch entspannter sehen.

Glosse von Maximilian Gerl

Wer studiert hat, kann sich vielleicht erinnern. An die langen Tage in der Bibliothek. An die Stunden im Hörsaal, in denen man sich im Gefühl der Erleuchtung Notizen machte, die man hinterher nicht verstand. An die Unerbittlichkeit der Zeit, die das Fristende für Hausarbeiten beständig näher rücken ließ.

Das Studium ist eben manchmal stressig. So stressig, dass an der Uni Augsburg ein Vorschlag unerwartete Resonanz fand. Dort beschäftigte sich am Mittwochabend der Studentische Konvent - das Studierendenparlament - mit einem Antrag, der für den Einbau dreier Gloryholes auf dem Campus plädierte. Vereinfacht sind das Löcher in der Wand für anonymen Sex: Man, frau oder divers sieht nicht, wer auf der anderen Seite mit zugange ist. Damit, heißt es in dem Antrag, könne sich die Uni "als heteronormativitätskritischer Raum" zu verstehen geben und die Teilhabe queerer Studierender verbessern. Außerdem könne Sex entspannen. "Die damit verbundene Stressreduktion würde für eine positivere Arbeitsatmosphäre am Campus sorgen."

Die Reaktionen folgten natürlich prompt. Wenn es um die sexuellen Fantasien anderer geht, sind schlechte Witze und erzürnte Erregung schnell zur Stelle. Und so griffen zahlreiche Medien den Antrag auf; vom "Stöhnen statt studieren!", schrieb etwa lustvoll die Bild-Zeitung . Der Ring Christlich-Demokratischer Studenten warnte, Gloryholes an einer Hochschule seien "höchst skandalös und inakzeptabel". Im Netz herrschte Erstaunen. "Da bekommt man ja noch was für sein Geld", bemerkte ein User auf Reddit.

Dabei könnte man die Sache mit der Entspannung entspannter sehen. Schon vor der Sitzung am Mittwochabend gab es ja Zweifel an der Ernsthaftigkeit des Antrags. Angeblich sollen es die Gloryholes nur auf die Agenda geschafft haben, weil sie von unbekannt mehrfach auf einer Vorschlagsliste für Campus-Verbesserungen hinterlegt wurden. Auch die Uni-Leitung ließ vorab wissen, den Tagesordnungspunkt "satirisch zu verstehen". Das sah der Konvent offenbar mehrheitlich ähnlich: Laut der in Sexfragen meist gut unterrichteten Bild hätten sich die Studierenden erst "die Köpfe heißgeredet". Dann sei der Antrag als Scherz gewertet worden. Wer sich an seine Studienzeit erinnert: Viel Komisches gab es auch, an das man gerne zurückdenkt.

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