Süddeutsche Zeitung

Gesundheit:Grippewelle bringt Krankenhäuser in Bedrängnis

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Die Zahl der Influenza-Fälle ist in Nürnberg derzeit so hoch, wie seit Jahren nicht mehr. Betroffen ist auch Klinikpersonal

Von Dietrich Mittler, Olaf Przybilla, Nürnberg/München

In Bayern sind in diesem Jahr bereits 14 Menschen nachweislich an den Folgen einer Grippe verstorben. Insgesamt wurden nach Angaben des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in der laufenden Grippe-Saison schon mehr als 5500 Influenza-Erkrankungen gemeldet. Nach Auffassung von Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) ist der Höhepunkt der Grippewelle damit noch nicht erreicht. Momentan wiederholt sich für einzelne Kliniken im Freistaat eine Erfahrung, die sie bereits in den zurückliegenden zwei Jahren machen mussten: Angesichts sich häufender Grippe-Erkrankungen kommen auch die Notaufnahmen der Kliniken in Bedrängnis - einerseits durch einen massiv höheren Patientenandrang, aber auch dadurch, dass Ärzte und Pflegekräfte nicht minder an einer Influenza erkranken.

Die Stadt Nürnberg trifft die Grippewelle - so wie kürzlich auch die Landeshauptstadt München - derzeit besonders hart. Dort sind seit Januar so viele Influenzafälle registriert, wie schon seit Jahren nicht mehr. Bis Montag wurden 725 Fälle gemeldet, "und wir können noch nicht sagen, ob der Zenit damit bereits erreicht ist", sagt Alice Schaffer, die am Nürnberger Gesundheitsamt zuständig ist für Infektionsschutz. "Der frühe Beginn der Influenza-Welle ist sehr ungewöhnlich", sagt sie. Im starken Influenza-Jahr 2015 waren es in dem Zeitraum lediglich 70 Fälle. 2016 registrierten die Behörden bis Anfang Februar sogar nur 24 Fälle, damals allerdings traf die Influenza-Welle die Stadt einen Monat später mit Wucht.

"An unseren Kliniken herrscht Land unter", sagt Bernd Siegler, Sprecher des Nürnberger Nord-Klinikums. Dort wie an zwei weiteren Nürnberger Krankenhäusern mussten sich die internistischen Notaufnahmen am Montagvormittag zeitweise bei den Rettungsdiensten abmelden. Das heißt, dass keine neue Patienten mehr gebracht werden sollten wegen Überbelegung. Dies sei kein genereller "Aufnahmestopp". Aber eben doch ein Signal an die Rettungsdienste, dass diese Kliniken an ihre Kapazitätsgrenzen gelangt sind. Vorübergehend müssen Patienten auch in Betten auf dem Gang versorgt werden.

Es sei zwar verständlich, dass Grippe-Patienten gleich ins Krankenhaus gehen, anstatt ärztliche Bereitschaftsdienste aufzusuchen, sagt Siegler. Trotzdem müsse man in der Situation den "dringenden Appell" an die Patienten richten, zunächst niedergelassene Ärzte aufzusuchen. Diese könnten klären, ob eine stationäre Versorgung notwendig ist. Zumal die Grippewelle auch vor dem Klinikpersonal nicht Halt mache. So beginne ein "Teufelskreis": Weniger Personal müsse sich um mehr Patienten kümmern, wodurch die Unzufriedenheit der Patienten wachse. Und das wiederum führe zu Kritik am Klinikpersonal.

Aus dem Krankenhaus Barmherzige Brüder in Regensburg heißt es, dass der Anteil an Grippe-Patienten, die derzeit "aufgrund einer Zusatzerkrankung" stationär aufgenommen werden müssen, "deutlich höher" sei als bei der Grippewelle 2016. "Bei uns im Krankenhaus haben wir ungefähr seit dem 20. Dezember 2016 einen deutlichen Anstieg an Grippe-Patienten, die hier entsprechende Kapazitäten binden", sagte Felix Rockmann, Chefarzt des Notfallzentrums, am Montag. Die Zahl der Fälle sei seitdem leider "konstant hoch".

Unterdessen meldet das Universitätsklinikum Regensburg, dass sich die Zahl der Influenza-Fälle "im normalen Bereich" bewege. Auch die großen Häuser in Augsburg oder Ingolstadt gaben an, sie seien "von den regional auftretenden Grippewellen, derzeit zum Glück nicht betroffen".

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Quelle:
SZ vom 07.02.2017
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