Süddeutsche Zeitung

Flüchtlinge in Bayern:Warum gibt es kein Schutzkonzept für Frauen und Kinder?

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Nach der Bluttat von Arnschwang stellt sich die Frage, wie eine alleinreisende Frau mit ihren zwei Kindern unter einem Dach wohnen konnte mit einem Straftäter.

Kommentar von Katja Auer

Die schreckliche Bluttat von Arnschwang wirft allerhand Fragen auf, zunächst vor allem solche, die den Täter betreffen. Beim Blick auf seine Opfer kommt eine sehr grundsätzliche hinzu: Warum war eine alleinreisende Frau mit ihren beiden kleinen Kindern in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht, in der auch ein verurteilter Straftäter wohnte?

Nur wenige Frauen flüchten alleine oder zusammen mit ihren kleinen Kindern nach Deutschland. In Bayern waren nach Angaben des Sozialministeriums Ende März 6438 alleinstehende Asylbewerberinnen untergebracht. Eine kleine Gruppe von den mehr als 120 000 Asylbewerbern insgesamt. Ihre speziellen Bedürfnisse haben lange Zeit nur ein paar Helferkreise und Wohlfahrtsverbände interessiert, politische Forderungen nach einem eigenen Schutzkonzept für Frauen und Kinder verhallten bislang.

Dabei sind Frauen und ihre Kinder besonders schutzbedürftig, immer wieder werden sie in Flüchtlingsunterkünften drangsaliert. Für viele Männer sind alleinreisende Frauen Schlampen, es gibt sexuelle Übergriffe, nur ein Bruchteil davon wird angezeigt. Unterstützer haben viele solcher Fälle dokumentiert.

Es gebe 86 separate Unterbringungsmöglichkeiten für Frauen und Kinder, teilt das Sozialministerium mit, diese seien zurzeit zu zwei Dritteln ausgelastet. Allerdings finden sich diese vor allem in den Städten, nicht auf dem Land wie in Arnschwang. In der Oberpfalz gibt es einer Anfrage der Grünen zufolge nur in der Erstaufnahmeeinrichtung in Regensburg eigene Wohnplätze für Frauen und Kinder. Das reicht offenbar nicht.

Seit die Zahl der Flüchtlinge zurückgeht, seit es keine Bilder mehr von überfüllten Turnhallen gibt, hat auch das Interesse daran nachgelassen, wie Asylbewerber untergebracht sind. Doch entspannt hat sich die Lage nicht, spätestens seitdem die Staatsregierung wieder mehr auf große Unterkünfte setzt statt auf dezentrale Wohnungen. Den Schutz von Frauen und Kinder erleichtert das jedenfalls nicht.

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Quelle:
SZ vom 08.06.2017
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