Süddeutsche Zeitung

Festival:Shitstorm nach "Hip-Hop am See" in Ingolstadt

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Der Veranstalter musste das Festival kurzfristig auf einen Parkplatz verlegen. Und das war längst nicht das einzige Problem.

Kolumne von Andreas Glas

Der Hip-Hop ist ja ein ähnlich totalitäres Genre wie der deutsche Schlager. Im Schlager herrscht die Diktatur der heilen Welt und wenn mal keine heile Welt ist, dann zumindest ein bisschen Frieden.

Im Hip-Hop gibt es auch so eine Konstante: Es herrscht immerzu Krieg, etwa beim Battle-Rap, diesem schimpfwortgewaltigen Sprachgefecht, das Hip-Hop-Künstler traditionell auf der Bühne austragen. Und wenn mal kein Krieg ist, dann gibt es wenigstens Beef, was in der Hip-Hop-Sprache Streit, Stress, Ärger bedeutet.

G'scheit Beef hat jetzt auch ein Festivalveranstalter in Ingolstadt. "Hip-Hop am See" hieß die Veranstaltung, die er für das vergangene Wochenende angesetzt hatte. Ein logischer Name für ein Festival, das am Ingolstädter Auwaldsee stattfinden sollte. "Hip-Hop am See", das ist natürlich auch ein Versprechen: Sonne, Mucke, Strand.

Dass es geregnet hat, mei, da kann keiner was dafür. Dass die Leute auf "Hip-Hop am See" eingestellt waren, dann aber bei "Hip-Hop am Parkplatz" landeten, das macht die Ingolstädter Hip-Hop-Community dagegen ziemlich aggro, um im Szenejargon zu bleiben.

Wegen neuer Naturschutz- und Sicherheitsauflagen habe er das Fest kurzfristig auf einen Schotterplatz in ein Gewerbegebiet verlegen müssen, so rechtfertigt sich der Veranstalter. Dass er immerhin einen Shuttle-Bus ins Gewerbegebiet zur Verfügung stellte, war ein feiner Zug. Dass die Festivalbesucher dafür 2,50 Euro extra zahlen mussten, war keine so gute Idee.

Und dass der Veranstalter die im Vorverkauf 50 Euro teuren Eintrittskarten an der Abendkasse für 30 Euro verschleuderte, hat die Laune derer auch nicht gehoben, die in Sonne-Mucke-Strand-Stimmung die Tickets extra früh gekauft hatten, um hinterher in Schotterpfützen zu stehen und auf Rapper Kianush zu warten, den Hauptact des Abends, der dann gar nicht aufgetreten ist.

Wegen des Regens, sagte der Veranstalter dem Donaukurier. Wegen des Mikros, das nicht funktioniert habe, sagte einer der DJs. Spätestens da war der Shitstorm der enttäuschten Besucher programmiert. Noch am Dienstagnachmittag hielt der Beef auf Facebook an. Erst allmählich kehrt in Ingolstadt wieder ein bisschen Frieden ein.

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Quelle:
SZ vom 26.07.2017
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