Süddeutsche Zeitung

Discounter:Aldi macht Werbung auf Bairisch - und scheitert

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"Gemma zum Oidi": Mit diesem Slogan versucht der Discounters aus Essen für eine Art Dirndl und eine Lederhose zu werben. Eine nur mäßig gute Idee.

Kolumne von Maximilian Gerl

Mit Bairisch ist es ja so eine Sache: Die einen können es, die anderen nicht. Zu welcher von beiden Fraktionen die Supermarktkette Aldi Süd aus Mühlheim an der Ruhr zählt, war bislang nicht bekannt; und nach allem, was man so liest, hätten viele Bayern nichts dagegen gehabt, in diesem Zustand der Unwissenheit zu verharren. Leider hat Aldi Süd beschlossen, das Rätsel selbst zu lüften.

Auf Facebook veröffentlichte das Unternehmen jüngst eine Werbung für seine hauseigenen Discount-Trachten, die es bald beim "Oidi" zu erwerben gebe. Das Bild zeigt zwei Frauen, die eine trägt eine Art Dirndl, die andere eine überkurze Lederhose. Der Text dazu beschreibt die Produktszenerie so: "Des Scheene an der Wiesn: Ma hod oan Grund mehr, si zua vakleidlen."

Seitdem sieht sich Aldi auf Facebook einem Shitstorm ausgesetzt. Zahlreiche Nutzer aus dem Freistaat kommentieren unter der Werbung, was sie von ihr halten. "Saupeinlich" gehört noch zu den freundlichen Formulierungen. Andere rufen zum Boykott auf oder dass, "wer sich über Bayern und deren Kultur lustig macht", dort besser keine Filialen betreiben solle. Über die Trachten- beziehungsweise Faschings-Tauglichkeit der beworbenen Kleidung herrscht dabei ebenso große Einigkeit wie über die einzigartige Verwendung des bis dahin unbekannten Verbs "verkleideln". Der Hinweis einiger weniger Nutzer, dass sich höchstens Saupreußen eine Tracht im Discounter kauften, man in diesem Sinne also durchaus von Verkleiden sprechen könne, ging allerdings unter.

Das Social-Media-Team des "Oidi" gelobte inzwischen Besserung und veröffentlichte ein Foto aus einem Schulungsraum: "Erste Stunde: Bairisch für Anfänger!" Vielleicht besteht ja für Externe die Möglichkeit, an diesem Seminar teilzunehmen? Am gleichen Tag, an dem Aldi Süd die Werbung ins Netz stellte, zeigte eine Journalistin von Spiegel Online auf dem Kurznachrichtendienst Twitter Auszüge einer internen Rundmail. "Liebe Kollegen, wir haben in Oberbayern (Richtung Rosenheim) gedreht. Jetzt sitzen wir im Schnitt und haben massive Probleme beim Verstehen? Kann einer von euch bayrisch? ... Das ist übrigens kein Scherz." Die einen können's eben. Die anderen vielleicht nie.

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SZ vom 31.08.2017
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