Süddeutsche Zeitung

Kratzers Wortschatz:Altes Graffl und sonstige Kuriositäten

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"Mission Graffl" lautet der Titel der aktuellen Ausstellung im Freilichtmuseum Massing. Wird das Wort Graffl genannt, rümpfen manche sofort die Nase. Andere wiederum krein ganz gern im Graffl herum.

Von Hans Kratzer

Graffl

Die aktuelle Ausstellung im Freilichtmuseum Massing (Landkreis Rottal-Inn) trägt den Titel "Mission Graffl". Der Künstler Matthias Weigold hat dafür viele Fundstücke gesammelt und diese zu markanten Ensembles zusammengefügt. Bei den Fundstücken handelt es sich um weitgehend wertlose Gegenstände, wie sie sich halt im Laufe der Zeit in Häusern und Gehöften anhäufen. "Da liegt ja an hauffa Graffl umanand", lästern dann kritische Beobachter. "Was wollts denn mit dem alten Graffl, reißts es doch endlich weg!", lautete lange Zeit eine Standardaussage der Landshuter angesichts des maroden Moserbräu-Gebäudes. In der BR-Serie "Dahoam is Dahoam" sagte der Automechaniker Mike Preißinger einmal über die Altkleider seiner Frau: "Guat, dass die Trixi endlich moi ihren Kleiderschrank ausraamt. Wos da für ein Graffe dabei is." Die Österreicher sagen zum Graffl (Graffe) Kramuri, auf Hochdeutsch heißt es Krempel, Trödel und Tand. Die BR-Sendung "Kunst und Krempel" könnte also auch "Kunst und Graffl" heißen. Der Ursprung des Wortes liegt im Italienischen. Mit den ersten Händlern aus dem Süden, die einst mit ihren Waren nach Bayern kamen, fanden auch deren Begriffe Eingang: Stranitzl (Tüte) und Spogat (spago, dünne Schnur) ebenso wie das Graffl (comprare, kaufen, besorgen).

krein

Der Frühling ist da, es ist höchste Zeit, sich im Garten umzuschauen und Vorbereitungen für die neue Saison zu treffen. Am Sonntag schrie die Nachbarin sogleich herüber: "Kreist du vielleicht schon im Garten umandander?" Das Bairische ist eine bildhafte Sprache, man muss ihre Gesetzmäßigkeiten kennen, um eine Frage wie diese zu enträtseln. Krein entspricht im Standarddeutschen dem Verb krallen, wer kreit, der krallt also seine Finger in die Erde. In der Form dakrein (derkrallen) wird das Wort auch im übertragenen Sinne verwendet. "Der dakreits nimmer lang", das bedeutet: Der wird bald sterben. Auf die Frage, wie es ihm gehe, antwortet Gerhard Lohmeier, der Wirt z'Loh bei Dorfen, stets weise: "Ja, mir kreit a so dahi ..."

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