Süddeutsche Zeitung

Debakel um Hypo Alpe Adria:Staatsanwaltschaft weist Vorwurf der CSU-Schonung zurück

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Die Landtagswahl rückt näher und CSU-Chef Seehofer muss sich mit Vorwürfen gegen frühere Verwaltungsräte der BayernLB herumschlagen. Er sieht die Justiz in der Pflicht, für mehr Transparenz zu sorgen. Doch die zeigt vor allem eines - dass es intern offenbar knirscht.

Von Klaus Ott und Mike Szymanski

Wenige Wochen sind es noch bis zur Landtagswahl, und ausgerechnet jetzt muss sich Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer wieder einmal mit den Altlasten der Bayerischen Landesbank beschäftigen, die immer wieder neue Wirkung entfalten.

Dieses Mal wegen des Vorwurfs, die Justiz habe führende CSU-Politiker und somit die Regierungspartei geschont. Das lässt sich aus einem Beschluss des Münchner Landgerichts herauslesen. Darin steht, es sei "nicht nachzuvollziehen", dass die Staatsanwaltschaft nach dem Desaster der BayernLB bei der österreichischen Hypo Alpe Adria Vorwürfen gegen Verwaltungsräte der Staatsbank nicht nachgegangen sei, aber alle damaligen Vorstandsmitglieder angeklagt habe. Dem Kontrollgremium hatten führende CSU-Leute wie Erwin Huber und Günther Beckstein angehört.

Kaum war dieser Vorwurf am Donnerstag in der SZ gestanden, da nahm der Regierungschef auch gleich deutlich Stellung. "Die Justiz muss in einer modernen Gesellschaft immer für Transparenz sorgen", sagte Seehofer der Süddeutschen Zeitung. "Wenn ein solcher Satz eines Gerichts im Raum steht, dann sollten die Staatsanwälte einfach erklären, was sie zu welcher Entscheidung bewegt hat." Die Ermittler seien gefordert, äußerte Seehofer, "diesen Komplex der Öffentlichkeit zu erläutern". Das hat die Münchner Staatsanwaltschaft, ohne dass es dazu der Aufforderung des Ministerpräsidenten bedurfte, gleich getan. Und zwar in einer Art und Weise, die auf ein ziemliches Zerwürfnis innerhalb der Justiz schließen lässt.

Die Staatsanwaltschaft beharrt auf ihren Ermittlungsergebnissen im Fall BayernLB und auf ihrer Anklage gegen den alten Bankvorstand um Ex-Chef Werner Schmidt. Und darauf, dass der Vorstand beim Kauf der Hypo Alpe Adria das Kontrollorgan Verwaltungsrat "arglistig getäuscht" habe. Daraus folge "denknotwendig", dass sich die Mitglieder des Verwaltungsrats nicht selbst strafbar gemacht haben könnten, wenn sie hinters Licht geführt worden seien. Der für Ermittlungen notwendige Anfangsverdacht habe sich bei den Verwaltungsräten nicht ergeben, also habe man gegen die Kontrolleure der Landesbank auch keine Verfahren eingeleitet, schreibt die Ermittlungsbehörde. Sie wehrt sich "energisch" gegen die Sichtweise des Landgerichts. Und "auf das Energischste" gegen den daraus von der SZ abgeleiteten Vorwurf, die CSU sei geschont worden. Das sei eine falsche Unterstellung.

Zwist innerhalb der Justiz

Die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft zeigt, wie groß bei den Ermittlern der Unmut über die für das Landesbank-Verfahren zuständige sechste Strafkammer des Münchner Landgerichts ist. Die Strafkammer hat in einem 81-seitigen Beschluss den Kernvorwurf der Staatsanwaltschaft gegen den früheren Landesbank-Vorstand in Bausch und Bogen zurückgewiesen und nur zwei kleinere Punkte für den nun geplanten Prozess zugelassen. Dagegen wiederum hat die Ermittlungsbehörde sofort Beschwerde eingelegt. Die Staatsanwaltschaft beharrt darauf, dass der alte Bankvorstand im Jahr 2007 für die Hypo Alpe Adria 550 Millionen Euro zu viel gezahlt und somit vorsätzlich Schäden für die BayernLB in Kauf genommen habe.

Die Übernahme der Kärntner Hypo Alpe Adria kostete die Landesbank 1,7 Milliarden Euro. Schon zwei Jahre später stieß die BayernLB das als Skandalbank bekannte österreichische Geldinstitut wieder ab, mit einem Verlust von insgesamt 3,7 Milliarden Euro. Für den mussten die Steuerzahler im Freistaat gerade stehen. Ob der frühere Vorstand der BayernLB wegen des Kaufpreises für die Hypo Alpe Adria auf die Anklagebank kommt oder nur wegen zwei kleinerer Punkte, darüber befindet das Oberlandesgericht München (OLG). Das OLG ist für die Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluss des Landgerichts zuständig. Mit einer schnellen Entscheidung ist nicht zu rechnen.

Die Staatsanwaltschaft wird voraussichtlich in den nächsten Wochen ihre Beschwerde ausführlich begründen. Und dann wird sich das OLG mit der komplexen Anklage beschäftigen, zu der insgesamt 255 Ordner gehören. Erst dann steht fest, ob es im nächsten Jahr nur zu einem kleinen oder doch noch zu einem großen Prozess gegen den ehemaligen Bank-Vorstand kommt. So oder so, in dem anstehenden Gerichtsverfahren sind auch Huber, Beckstein und andere alte CSU-Größen gefordert. Als Zeugen. Dass auch gegen sie hätte ermittelt werden müssen, will das Landgericht in seinem Beschluss übrigens gar nicht gesagt haben. Die Strafkammer will ihren Hinweis vielmehr so verstanden wissen, dass die Bankvorstände erst gar nicht hätten angeklagt werden dürfen, da keine strafrechtlich relevanten Fehler gemacht worden seien. Eine späte Erkenntnis, mehr als zwei Jahre nach Eingang der Anklage.

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Quelle:
SZ vom 09.08.2013
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