Süddeutsche Zeitung

CSU-Vorstand:Seehofer wechselt die Richtung

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Von Wolfgang Wittl, München

Nach den personellen Querelen im Parteivorstand schließt Horst Seehofer seine Reihen wieder. Als neue Stellvertreter schlägt der CSU-Chef die Europaabgeordneten Angelika Niebler und Manfred Weber vor. Landtagspräsidentin Barbara Stamm und Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt sollen ihre Ämter behalten. Damit wäre die Riege der vier Stellvertreter wieder komplett. Die Wahlen finden auf dem Parteitag am 21. November statt. Bereits ausgeschieden ist der bisherige Stellvertreter Peter Gauweiler. Peter Ramsauer stellt sich nicht mehr zur Wahl.

"Besonders erfreut" sei er, dass sich Stamm, 70, noch ein weiteres Mal zur Verfügung stelle, sagte Seehofer dem CSU-Organ Bayernkurier. Eigentlich hatte die Unterfränkin eine weitere Periode als CSU-Vize ausgeschlossen. In der Partei gilt sie als Stimmenkönigin und Vermittlerin jedoch als unverzichtbar. Mit Schmidt, 57, soll wie bisher ein weiterer Franke dem engsten Führungszirkel angehören.

Mit Niebler, 52, und Weber, 42, will Seehofer nun die angestrebte Modernisierung vorantreiben. Sie sind deutlich jünger als Gauweiler, 65, und Ramsauer, 61, mit denen sich Seehofer zuletzt überworfen hatte. "Ihr oder ich", hatte er im Parteivorstand gesagt. Insbesondere das Verhältnis zu Ramsauer galt seit Längerem als zerrüttet.

Wie die Suche nach Nachfolgern ablief

Nieblers Nominierung war erwartet worden. Die Vaterstettenerin ist Landeschefin der Frauen-Union, Sprecherin der CSU-Abgeordneten im Europaparlament und gehört wie Seehofer der oberbayerischen CSU an. Dass es wie zuletzt nicht noch einen dritten Oberbayern an der Parteispitze geben würde, stand schon vorher fest. Der Regionalproporz spielt in der CSU eine besonders große Rolle. Daher sollte der vierte Posten nach Schwaben, Niederbayern oder in die Oberpfalz gehen.

Die lange Suche wird auch parteiintern als Indiz gewertet, wie es um die Personaldecke in der CSU im Moment bestellt ist. Aus Schwaben wäre der Augsburger Oberbürgermeister Kurt Gribl ein möglicher Kandidat gewesen, aus der Oberpfalz der Staatssekretär im Heimatministerium, Albert Füracker, heißt es. Füracker allerdings soll demnächst Sozialministerin Emilia Müller als Bezirksvorsitzender nachfolgen.

Webers Kandidatur zeichnete sich erst in den letzten Tagen ab. Der frühere Parteichef Erwin Huber hatte ihn bereits vor Wochen als CSU-Vize ins Spiel gebracht. Damals hatte Weber noch abgewunken. Weber steht seit gut sieben Jahren an der Spitze der niederbayerischen CSU. Die Bezirksvorsitzenden gelten in der Partei als besonders mächtig, während den Stellvertretern des Parteichefs nur geringer Einfluss nachgesagt wurde.

Warum Weber kandidierte

Dieses Bild sei inzwischen überholt, sagen führende CSU-Leute. Entscheidend für seine Kandidatur sei der ausdrückliche Wunsch Seehofers gewesen, erklärte Weber. Für seine Nachfolge im Bezirk sind Kultusstaatssekretär Bernd Sibler, CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sowie der parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion, Josef Zellmeier, im Gespräch.

Als Chef der EVP-Fraktion im Europaparlament zählt Weber zu den Schwergewichten in der CSU. Auf eine Hausmacht in Niederbayern sei er nicht mehr angewiesen, heißt es aus der Parteizentrale. Der Wechsel vom Europa-Skeptiker Gauweiler hin zu den Europa-Befürwortern Niebler und Weber wird auch als inhaltliche Richtungsänderung gewertet.

Auch aus Seehofers persönlicher Sicht ergibt Webers Berufung Sinn: Dem Niederbayern wird kein allzu gutes Verhältnis zu Markus Söder nachgesagt - dem derzeit aussichtsreichsten Kandidaten auf Seehofers Nachfolge als Ministerpräsident.

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SZ vom 12.06.2015
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